Musik

Giovanni Paisiello



Wie konnte es geschehen, dass ein Komponist, der zu Lebzeiten einen gren­zenlosen Ruf genoss, heute aber nahezu in Vergessenheit geraten ist? Er hieß Giovanni Gregorio Paisiello (bzw. Paesiello) und lebte von 1740 bis 1816. "Ein Genie des einfachen Genres und der naiven Anmut", nannte ihn kein Gerin­ge­rer als Gioacchino Rossini.
Paisiello kam in Roccaforzata bei Taranto (Apulien) als Sohn eines Tierarztes auf die Welt und ging bei den Jesu­iten in Taranto ins Gym­nasium, wo man sehr bald auf die Schönheit seiner Stimme aufmerk­sam wurde. Daraufhin trat er 1754 in das Konservatorium Sant' Onofrio in Neapel ein, wo er sich unter Leitung von Francesco Durante zum Musiker ausbilden ließ.
Für das Theater des Konservatoriums, dass er 1763 verließ, schrieb er einige Intermezzi. Als sein „dramatisches Intermezzo" aufgeführt wurde, weckte dieses derart das Interesse des Publikums, dass er ermuntert wurde, zwei Opern zu schreiben. So versuchter er sich, der bis dahin einge Messen, Ora­to­rien, Psalmen und andere Werke geschrieben hatte, in der dramatischen Komposition. So schrieb er „La Pupilla" und „Il Mondo a Rovescio“ für die Stadt Bologna und eine dritte „Il Marchese di Tidipano“ für Rom.

Als seine Bekanntheit bereits gefestigt war, zog er nach Neapel, wo er 1767 mit seiner Oper „L'idolo Cinese" großen Erfolg hatte und eine so fruchtbare Tätigkeit als Opernkomponist entfaltete, dass er in wenigen Jahren die damals Ton angebende Komponisten Niccolò Piccinni und Pietro Alessandro an Popu­larität überflügelte und nur noch am berühmten Domenico Cimarosa messen musste.
1772 wurde Paisiello gezwungen, Cecilia Pallini zu heiraten, nachdem er we­gen seiner Weigerung, das Heiratsversprechen zu erfüllen, ein paar Tage im Ge­fäng­nis verbracht hatte. Trotz dieses „Zwischenfalls" wurde daraus eine sehr glück­liche Ehe.
1776 folgte er der Einladung der Zarin Katharina II. nach Sankt Petersburg, wo er zum Kapellmeister und Inspektor der beiden Italienischen Opern er­nannt wurde und bis 1784 im Dienst blieb. In Sankt Petersburg schrieb er neun neue Opern, darunter „La serva padrona" (die einige Jahrzehnte früher bereits von Pergolesi vertont worden war), ein Jahr später komponierte er sein Meisterwerk „Il Barbiere di Siviglia“ (Der Barbier von Sevilla), nach der berühmten Komödie von Beaumarchais, eine Oper, übrigens, die Mozart dazu inspirierte seine unsterbliche Oper "Le Nozze di Figaro" zu komponieren und auch Rossini zu seinem „Barbier" veranlasste.
Der Grund, weshalb Rossinis Oper (die ursprünglich „Almaviva“ hieß) bei der Premiere durchfiel, war ein­fach der, das die Opernliebhaber zu sehr mit Paisiellos Musik vertraut waren, um eine andere Version zu akzeptieren. Heute gilt Rossinis „Barbier von Sevilla" als sein Meisterwerk, während die Oper Paisiellos in Vergessenheit geraten ist.

Giovanni Paisiello
Giovanni Paisiello
Opernführer
Il barbiere di Siviglia Klavierkonzerte 2 und 4 Der einzig wahre Opernführer

Während seiner Rückreise schrieb er für den König von Polen in Warschau ein Tedeum und das Oratorium „La Passione di Nostro Signore Gesù Cristo" nach Pietro Metastasio und in Wien zwölf Symphonien (Ouvertüren) im Auf­trag von Joseph II. und die Oper „Il Re Teodoro in Venezia". Im Jahr 1784 traf sich Paisiello zum zweiten Mal mit Mozart
Schließlich kehrte Paisiello nach Neapel zurück, wo er die Hofkapelle König Ferdinands IV. leitete und zahlreiche Opern komponierte, wie „Nina e La Mo­li­nara„. 1789 komponierte er eine „Missa defunctorum" für den an Pocken ver­storbenen kleinen Prinz Gennaro Carlo Francesco di Borbone. Während der Revolution von 1799 stellte er sich gut mit der republikanischen Regierung und fiel dadurch beim König in Ungnade und musste nach dessen Rückkehr an die Macht zwei Jahre warten, bis er wieder in Gnaden aufgenommen wur­de. 1802 wurde er von Napoleon nach Paris eingeladen, um die Organisation und die Leitung seiner Kapelle in Paris zu übernehmen.
Il Barbiere di Siviglia - Ouverture
In Paris fand seine Musik keinen großen Anklang, seine Oper „Proserpina“ wurde vom Pariser Publikum nicht gewürdigt, so dass er 1803 wieder, mit der Gesundheit seiner Frau als Ausrede, nach Neapel zurückkehrte, wo er seine alte Stelle wieder bekam, die er auch unter Joseph Bonaparte und Joachim Murat behielt. Er hatte aber sein Schicksal zu sehr an jenes Bonapartes ge­bun­den, so dass er auch dessen Talfahrt mitmachte. Die Restauration der Bourbonenherrschaft im Jahre 1815 brachte ihn um seine Stellung. Der Tod seiner Frau 1815 war für ihn ein herber Schlag. Auch seine Gesundheit ver­schlechterte sich zunehmend; schließlich starb er am 5. Juni 1816 in dürftigen Verhältnissen.
Eglise Gutierrez singt „Nel cor più non mi sento“
Paisiello hat 94 Opern komponiert, deren Melodien auch heute noch sehr ge­schätzt werden. Die viel­leicht bekannteste dieser Arien ist "Nel cor più non mi sento" aus der „Molinara", die auch in den Variationen von Beethoven ver­ewigt wurde und von zahlreichen großen Opersängern und -sängerinnen in­terpretiert wurde. Des weiteren komponierte er unter anderem ein Passions­ora­to­rium, ein Weih­nachts­pas­torale, zwei Requien und ein dop­pel­chö­riges Tedeum. Daneben schuf er auch 51 Werke der Instrumentalmusik: sechs Kla­vier­kon­zerte, zwölf Klavierquartette, sechs Streichquartette, eine Sonate, ein Konzert für Harfe und zwölf Or­ches­tersinfonien. Manuskripte der Par­ti­tu­ren vieler seiner Werke wurden von Domenico Dra­go­net­ti der Bibliothek des British Museum geschenkt.
 
Cecilia Bartoli
Cecilia Bartoli singt
Nina (Giovann Paisiello
)
Giovanni Paisiello
Giovanni Paisiello
Il barbiere di Siviglia
 
Giovanni Paisiello
Giovanni Pai­siello Klavier­kon­zer­te 1, 3 und 5
 
Giovanni Paisiello
Giovanni Paisiello
Johannes-Passion