Film/ Medien

Der Nebelmann (2017)
 


Donato Carrisi
Der auf Kriminologie und Verhaltensforschung spe­zialisierte Rechtsanwalt Donato Carrisi wandte sich sehr bald der schriftstellerischen Tätigkeit zu. Bereits mit sei­nem Debütroman „Il suggeritore“ (2009) gelang ihm der internationale Durch­bruch. Er wurde mit dem renommierten Premio Bancarella ausgezeichnet und stand in Deutschland (unter dem Titel „Der Todesflüsterer“) wochenlang auf der Spie­gel-Bestsellerliste. Sein Roman „La ragazza nella nebbia“ (2015), ist in der deutschen Übersetzung unter dem Titel „Der Nebelmann“ 2017 er­schienen.
Der Roman „La ragazza nella nebbia“ hat sich in Ita­lien weit mehr als hun­dert­tau­send Mal ver­kauft und ist in vie­le Spra­chen über­setzt worden.

Dass Ro­man­au­toren, wenn sie erfolgreich sind, ab und zu auch die Dreh­bücher zu den Ver­fil­mun­gen ihrer Bücher schrei­ben, das kommt vor. Dass sie zusätzlich auch die Regie über­nehmen, das ist je­doch wirklich selten. Carrisi hat sein Roman im Jahr 2017 mit Toni Servillo, Jean Reno und Alessio Boni in den Hauptrollen verfilmt. Immerhin bekam Carrisi einen David di Donatello als bester Nach­wuchs­re­gis­seur, den wich­tigs­ten Film­preis Ita­liens. Und in der Tat ist der Film au­ßer­or­dent­lich gut ins­ze­niert, so­wohl at­mos­phä­risch als auch die Spannung be­treffend.

Der Nebelmann - Trailer
Als in dem abgelegenen, nebelverhangenen Al­pen­dorf Avechot ein junges Mäd­chen spurlos ver­schwin­det, ist das für die streng gläubigen Eltern ein Alb­traum. Kommissar Vogel (Toni Servillo), der be­auf­tragt wird, das Mädchen zu finden, wird blut­ver­schmiert und verwirrt wirkend von der Polizei auf­ge­griffen und zur Befragung aufs Po­li­zei­re­vier ge­bracht, wes­we­gen man den orts­an­säs­si­gen Psy­chia­ter Flo­res (Jean Reno) hinzuzieht.
Bei dem Gespräch zwischen dem Psychiater und dem Kom­mis­sar wird in Rück­blen­den die Suche nach der 16-jährigen Anna-Lou rekonstruiert.

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Der Todesflüsterer

Vogel ist für seine ungewöhnlichen bis rück­sichts­lo­sen Methoden bekannt. Der Ruf des Kommissars ist durch einen vorangegangenen Fall in Mitleidenschaft gezogen worden, so muss er einen Erfolg erzielen, koste es, was es wolle. Seine Strategie ist es, die Medien einzusetzen. Er lässt sie für ihn arbeiten. Er füttert sie diskret mit Teilen der Er­mitt­lungs­er­geb­nisse und hofft auf diese Weise, den Täter aus der Re­serve zu locken. Und tatsächlich findet sich so sehr bald ein „Schuldiger“, der öf­fent­lich an­ge­pran­gert wird, Loris Martini (Alessio Boni), der Lehrer der Ver­schwun­de­nen. Dieser beteuert aber seine Un­schuld ...

Erstaunlicher- und bedauerlicherweise gehen die Beurteilungen dieses Filmes seitens der Zuschauer weit auseinander: Von „Ramschware“ bis „he­raus­ra­gender Film“ kann man alles lesen. Sehr viele Stimmen beklagen beispielsweise nur die Tatsache, dass die Rolle von Jean Reno keineswegs die Haupt­rolle ist, die ihm die Filmwerbung zu­schreibt. Andere beklagen, dass es fast nur unsympathische Per­sön­lich­keiten im Film gibt (sodass man sich nicht mit je­man­den identifizieren kann), andere finden den Film "wirr" und hatten Schwierigkeiten, darin einen "Faden" zu finden.

Meines Erachtens sind diese "Mängel" sowie die un­erwarteten Wendungen, die ver­schiedenen Pers­pek­tiven und die immer neuen Verdachtsmomente durchaus gewollt: Das Spiel aus falschen Fährten und nicht klar einzuordnenden Persönlichkeiten trägt zur Spannung bei, denn man ist immer wieder dazu gezwungen, seine bisherigen Vermutungen an­zu­zwei­feln und in andere Rich­tun­gen zu leiten. Was dem Film meisterhaft gelingt: Er weist eine kom­ple­xe Er­zähl­ar­chitektur auf, ist von einer ge­nial düs­te­ren Atmosphäre getragen und fes­selt von der ers­ten bis zur letzten Minute. Gleichzeitig geht es im Film neben der Aufklärung des Verbrechens auch um das Verhältnis von Polizei und Medien.

Toni Servillo, der meisterhaft in „Il Divo“ den langjährigen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti und in Loro“ (Die Verführten) auch den Silvio Ber­lusconi gemimt hat, ist für die Rolle des Er­mitt­lers Vogel eine Idealbesetzung.
 
 
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