Auf den Film „Der Postmann“
kam ich durch reinen Zufall. Er lief gerade im Fernsehen, als
ich einschaltete, und ich hatte sofort den Eindruck, etwas
erkennen zu können. Eine raue, und doch sanfte Landschaft,
das Meer, Menschen, die noch fernab der Realität zu leben
schienen, die ein Italien in meinen Gedanken wiedererweckten,
das es heute nicht mehr gibt, eine Insel, die ich Jahre zuvor besucht hatte.
Die Insel Salina ist die unscheinbarste, unbekannteste und
am wenigsten mondäne Insel der Äolien. Sie gilt noch als bäuerlich. Kein Vergleich mit der lebhaften Lipari,
der mondänen Panarea oder der mystischen Insel Stromboli.
Und gerade das stille Dorf Pollara, das am weitesten vom Hafen in Santa
Marina entfernt liegt und dessen öffentliches
Leben sich fast nur auf eine Telephonzelle und eine
Kirche beschränkt, wurde als Drehort für diesen sehr
poetischen Film erwählt.
Deutscher Titel:
Der Postmann
Regie:
Michael Radford, Massimo Troisi
Darsteller:
Philippe Noiret, Massimo Troisi,
Maria Grazia Cucinotta, Renato Scarpa, Linda Moretti
Handlung:
Durch seine Freundschaft zum chilenischen Dichter Pablo Neruda, der auf einer italienischen
Insel im Exil lebt, lernt der dortige Postbote
seinen Gefallen an der Dichtkunst kennen - und
durch diese wiederum kann er das Herz einer Frau erobern.
Drehorte:
Im Film werden die Naturaufnahmen
auf Salina (Liparische
Inseln) gedreht, die berühmte Hafenpromenade (la
corricella) stammt jedoch von der kleinen Insel Procida im Golf von Neapel.
Dem Film „Il Postino“
gelang das seltene Kunststück, als fremdsprachiger Film
für die Oscar-Kategorie „Bester Film" nominiert
zu werden. Insgesamt brachte es die wehmütige Komödie
auf fünf Nominierungen und gewann den Oscar für die
beste Musik. Die Liebeserklärung an Leidenschaft, Engagement
und Poesie läutete auch weltweit eine Pablo-Neruda-Renaissance
ein.
Auf einer wahren Begebenheit beruhend,
spielt Troisi einen schüchternen Briefträger, der
sich mit dem im Exil lebenden chilenischen Poeten Pablo Neruda (Philippe Noiret) anfreundet. Durch Neruda beginnt der Postbote,
seine Heimat, ein italienisches Fischerdorf, mit neuen (lyrischen)
Augen zu sehen. Er lernt wie man mit Frauen umgeht und findet
schließlich sogar die Kraft seine politischen Überzeugungen
zu vertreten. Die charmante, rührende Geschichte entwickelt
sich zunehmend zu einem komplexen, ergreifenden Film über
den Schmerz der Selbsterkenntnis.
Ein Film wie ein Gedicht.
Die Poesie lauert überall, genau wie die Liebe. Und genauso,
wie sich jeder von uns verlieben kann, kann auch jeder von uns
Poesie schaffen. Dafür muss man nicht klug, nicht gebildet,
und nicht wortgewandt sein. Man muss nur sein Herz
sprechen lassen.
Das ist eine der zentralen Botschaften von „Il postino“,
und spätestens wenn man diesen Film gesehen hat, unterschreibt
man diese These ohne Widerspruch.
„Il postino" ist ein Film über
die etwas ungewöhnliche Freundschaft zweier grundverschiedener
Männer. Zwischen den Weltkriegen wird der chilenische Dichter
und Nobelpreisträger Pablo Neruda aufgrund seiner politischen
Standpunkte ins Exil verwiesen. Er entscheidet sich für
eine kleine italienische Insel. Die Leute dort sind so fernab
der Realität und so sehr aufs tägliche Fischen konzentriert,
dass kaum jemand Notiz von dem großen Dichter nimmt. Bis
auf Mario. Als er in der Wochenschau einen Bericht über
Neruda sieht, fragt er sich, warum alle Frauen so fasziniert
zu sein scheinen von diesem alten Mann. Um dies herauszufinden,
nimmt Mario die Arbeit als Postbote an, dessen einzige
Aufgabe darin besteht, Nerudas tägliche Fanpost zu seinem
entlegenen Häuschen zu fahren.
Der Postmeister ist überzeugter
Kommunist und erklärt Mario, was Neruda alles für
das Volk getan hat, und dass dies der wichtigste Teil seiner
Arbeit sei. Das beeindruckt Mario wenig, da er es sowieso kaum
versteht, und so versucht er nach und nach, sich dem Dichter
zu nähern und etwas unbeholfen in Erfahrung zu bringen,
was es mit der Poesie auf sich hat, dass sie alle Frauen der
Welt zu verzaubern vermag. Und so lernt Mario vom großen
Neruda, wie man den Poeten in sich entdeckt, wie man seine Gedanken
zu Papier bringt, und wie einfach Metaphern sein können,
auch wenn man keine Ahnung hat, was Metaphern überhaupt
sind. Mit dieser Unterstützung versucht Mario dann, seine
große Liebe Beatrice für sich zu gewinnen.
Il postino (DVD)
Das Jahrhundert des Kinos 100 Jahre Film: Italien
Zur Entstehung des Films
Der Film „Il postino"
ist untrennbar mit einer sehr schmerzhaften, realen Tatsache
verbunden,
durch die er erst richtig bekannt wurde: Massimo Troisi, der
Darsteller des Mario, starb einen Tag nach Ende der Dreharbeiten.
Im Frühjahr 1992 hatte ihm Natalie Caldonazzo,
seine Freundin, den Roman von Antonio Skármeta,
„Ardiente paciencia“ geschenkt, der in
Italien unter dem Titel „Il postino" veröffentlicht
worden war.
Massimo war seiner ewigen Rollen als Komiker überdrüssig.
Die Filme, in denen er mitgewirkt hatte, bewegten sich
immer hart an der Grenze zum Klamauk, im Fernsehen hatte
er durch die Comedy-Serie Non Stop einen gewissen Bekanntschaftsgrad
erreicht.
Kaum hatte er die ersten hundert Seiten des Buches gelesen,
schon lief er zum Produzenten Gaetano Daniele,
um ihn zu bitten, die Filmrechte für das Buch zu kaufen.
Weil ihm die alleinige Verantwortung allerdings zu groß
erschien, zog er den britischen Drehbuchautor und Filmregisseur
Michael Radford mit ins Boot.
Il postino - Trailer ()
Der Drehbeginn war für
September vorgesehen, aber Massimo Troisi war zur Zeit der Dreharbeiten
bereits schwer herzkrank - er war 1976 schon einmal am Herz
operiert worden - und hatte teilweise starke Schmerzen,
so dass er am Tag höchstens zwei Stunden drehen konnte.
Schließlich mussten die Dreharbeiten sogar für
Monate unterbrochen werden, weil Troisi ins Krankenhaus
eingeliefert wurde. Der Regisseur erzählte, was sich das
Team alles einfallen ließ, um die Zeit seiner Abwesenheit
für andere Aufnahmen zu nutzen und wie man die Szenen so
arrangierte, dass er im Sitzen spielen konnte, wenn er selbst
da war. Für die Szenen, bei denen der Postbote mit dem
Fahrrad den Berg hoch fährt, was für Troisi eine
absolut unmögliche Aufgabe war, fand man ein Double - übrigens
ein großer Fan von Troisi.
Troisi weigerte sich,
das Filmen zu unterbrechen, um eine Herztransplantation vornehmen
zu lassen. Er sagte, in seinem unverwechselbar neapolitanischem
Akzent: „questo film lo voglio fà co' 'o core
mio“ (diesen Film will ich mit meinem eigenen
Herzen machen).
Am Freitag, den 3. Juni 1994, als der Film endlich vollendet
war, war es für Troisi zu spät. Er erlitt einen
Herzinfarkt und verstarb daran.
„Il postino" war für Troisi die Bestätigung
für seine Liebe zur Poesie. Er erlebte die Gefühlsregungen
der Dichtkuns als einen Weg, seine Krankheit zu besiegen
und den Tod in Schach zu halten, so dass sein Wille, den Film
zu realisieren, zu dessen tiefgründigen Inhalt
macht.
In Wahrheit lebte der Dichter Pablo Neruda, als er im Exil war, eine Zeit lang auf der Insel Capri und in Neapel. Verschiedene Szenen des Films wurden auf der Insel Procida, im Golf von Neapel, gedreht.