Bella Ciao ist eins der vielen Lieder über die italienische Widerstandsbewegung
(Partisanen) gegen den italienischen Faschismus
und deutschen Nationalsozialismus. Es gehört in linken
Kreisen zu den bekanntesten Kampfliedern und wird noch
heute von linken Kräften dem faschistischen
Kampflied Faccetta Nera entgegengesetzt.
Das inzwischen weltberühmte
Lied handelt von einem Widerstandskämpfer
in Norditalien, der in die Berge flüchtet und Abschied
von seiner Geliebten nimmt. „Wenn ich sterbe, dann musst du mich begraben oben auf dem Berge“, heißt
es in dem Lied. In Italien hat dieses Lied heute noch eine sehr große Popularität.
Text
Una mattina mi son svegliato,
o bella, ciao! bella, ciao,
bella, ciao, ciao, ciao!
Una mattina mi son svegliato,
e ho trovato l'invasor.
Eines Morgens bin ich erwacht
Oh Schöne ciao, Schöne ciao,
Schöne ciao, ciao, ciao!
Eines Morgens bin ich erwacht
Und fand den Eindringling vor.
O partigiano, portami via,
o bella, ciao! bella, ciao,
bella, ciao, ciao, ciao!
O partigiano, portami via,
ché mi sento di morir.
Oh Partisan, bring mich fort
Oh Schöne ciao, Schöne ciao,
Schöne ciao, ciao, ciao!
Oh Partisan, bring mich fort
Denn ich fürchte bald zu sterben
E se io muoio da partigiano,
o bella, ciao! bella, ciao,
bella, ciao, ciao, ciao!
E se io muoio da partigiano,
tu mi devi seppellir.
Und falls ich als Partisan sterbe
Oh Schöne ciao, Schöne ciao,
Schöne ciao, ciao, ciao!
Und falls ich als Partisan sterbe
Dann musst du mich begraben.
E seppellire lassù in montagna,
o bella, ciao! bella, ciao,
bella, ciao, ciao, ciao!
E seppellire lassù in montagna,
sotto l'ombra di un bel fior.
Begrabe mich dort oben auf dem Berge
Oh Schöne ciao, Schöne ciao,
Schöne ciao, ciao, ciao!
Begrabe mich dort oben auf dem Berge
Unter dem Schatten einer schönen Blume.
Tutte le genti che passeranno,
o bella, ciao! bella, ciao,
bella, ciao, ciao, ciao!
E tutti quelli che passeranno
Mi diranno „Che bel fior!“
Und die Leute die daran vorbeigehen
Oh Schöne ciao, Schöne ciao,
Schöne ciao, ciao, ciao!
Und alle jene die daran vorbeigehen
Werden mir sagen: „Welch schöne Blume!“
„È questo il fiore del partigiano“,
o bella, ciao! bella, ciao,
bella, ciao, ciao, ciao!
„È questo il fiore del partigiano,
morto per la libertà!“
Dies ist die Blume des Partisanen
Oh Schöne ciao, Schöne ciao,
Schöne ciao, ciao, ciao!
Dies ist die Blume des Partisanen
Der für die Freiheit starb
Das Lied wird auch mit leicht verändertem Text gesungen.]Beispielsweise „Stamattina mi sono alzato“ statt „Una mattina mi son svegliato“, usw. Der deutsche Text ist eine möglichst textnahe Übersetzung.
bella ciao
Bella ciao (Konstantin Wecker)
Die Melodie des Liedes „Bella Ciao“ soll bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von den „mondine“, den Reispflückerinnen der Po-Ebene, gesungen worden sein. Der Text beschreibt die Arbeit auf den Reisfeldern und beklagt die harten
Arbeitsbedingungen unter der stechenden Sonne. Bereits die erstmals 1906 dokumentierte Fassung trägt die Züge eines Protestliedes gegen den „padrone“, der „mit einem Stock in der Hand“ die Arbeit überwacht. Das Lied endet mit der Prophezeiung, dass die Reisbäuerinnen eines Tages in Freiheit arbeiten würden. Die Partisanen schrieben demnach den Text um. In dieser geänderten Fassung ging das Lied um die Welt. Der Historiker Cesare Bermani konnte allerdings beweisen, dass das Lied „Bella ciao“ der Reispflückerinnen in Wahrheit erst nach dem Zweiten Weltkrieg von Vasco Scansani di Gualtieri geschrieben wurde.
Sowohl musikalisch als auch in der Struktur der Iteration (das mehrmals wiederholte „ciao“) kann das Lied auf ein altes Kinderlied zurückgeführt werden, das im Norden Italiens weit verbreitet war: „La me nòna l'è vecchierella („Meine Oma ist ein altes Mütterchen“).
Nach einer anderen Version soll das Lied „Bella ciao“ von „Koilen“, einem jiddischen Lied von Mishka Ziganoff aus dem Jahr 1919, zumindest inspiriert worden sein.
In der folgenden Variante des Liedes ließ sich bei einem Konzert zum Thema „Friaulische und ladinische Lieder“ die italienische Sängerin Antonella Ruggiero von Musik im jüdischen Klezmer-Stil begleiten.
Unzählige Musiker und Musikgruppen aus aller Welt haben "Bella ciao" schon in verschiedensten Eigenkreationen arrangiert, beispielsweise Milva, KonstantinWecker, Talco, Heiter bis Wolkig und viele andere.
Es ist nicht lange her, da beklagte sich die Tageszeitung „La Repubblica“ darüber, dass während von Athen bis Paris, von Istanbul bis Hongkong das berühmte Lied der Resistenza als Hymne an die Freiheit gesehen wird – in Athen begleitete es den Populismus von Tsipras, in Paris die Demonstrationen gegen die Barbarei der Islamisten, in Hongkong den Widerstand gegen das kommunistische Regime und in Istanbul gegen den islamischen Autoritarismus von Erdogan – wird es in Italien von offizieller Seite immer noch zu Unrecht als „Kommunistisches Manifest“ verpönt.
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Bella ciao (Remix)
Und nun, im Sommer 2018, die Loslösung von jeglicher politischen Aussage hin zu einer völligen Sinnentleerung. Aus dem antifaschistischen Lied ist ein Sommerhit geworden „Bella ciao“ in Pop-Version. Der Grund dafür ist die erfolgreiche spanische TV-Serie „Haus des Geldes“. Diese handelt von einer Gruppe von Kriminellen, die den größten Raubüberfall in der Geschichte Spaniens planen. In einer Schlüsselszene wird „Bella ciao“ gesungen.
Vom Symbol des Widerstands bis hin zur Disco-Folter. Dass es im Text des Liedes um einen Partisanenkampf gegen faschistische Unterdrücker geht, interessiert
– zumindest außerhalb Italiens – keinen mehr. Hauptsache, man kann wie bei einem Ballermann-Song mitsingen, bzw. mitgrölen, und tanzen. O tempora o mores! So ist es halt in der Popkultur, die alles vereinnahmt und marktgängig aufbereitet.
Heutzutage wird alles „remixed“: berühmte Arien, Hymnen, Canzoni und Chansons. So wurde der Remix von „Bella ciao“, der von DJ Steve Aoki mit dem Duo Marnik signiert wurde, ein Fall, der den Zorn der italienischen Social Media explodieren ließ. Die Wut ist die von Partisanenverbänden und von politisch links stehenden Menschen, für die der Kampf für die Freiheit und gegen die Unterdrückung nie geendet hat. Sie beurteilen die Versionen des berühmten DJs und seiner zahlreichen Nachahmer nicht nur als „musikalische Verunstaltung„, sondern auch als „inakzeptabel“, „respektlos“ und „beschämend“.
Wenn man auf Youtube nach dem Lied sucht, sind die Treffer zum größten Teil Popmusik-Remix. Das ist schlimmer als respektlos, es ist die Vereinnahmung eines Symbols durch schnöden Kommerz. Während die seichtesten Schlager durch ein strenges Urheberrechtsgesetz geschützt sind, kann jeder dieses Lied, das es verdient hätte, zum Weltkulturerbe zu werden, widerspruchslos verunstalten. In Italien ist und bleibt dieses Lied zu recht ausschließlich ein politisches Lied, wie auf folgendem Video zu sehen ist, das eine Veranstaltung zum Nationalfeiertag in Italien darstellt.