Sardinien (italienisch Sardegna, ist – nach Sizilien – die zweitgrößte Insel im Mittelmeer. Die Insel bildet mit einigen ihr vorgelagerten Inseln die gleichnamige autonome Region Italiens. Die Region Sardinien hat eine Fläche von 24.090 km² und 1,65 Millionen Einwohner. Ihre Hauptstadt ist Cagliari.
Volksmusik und Volksgesang sind seit eh und je Ausdruck der Kultur der einfachen Bevölkerungsschichten, von denen die Gefühle, die Wünsche und die Kämpfe bezeugt werden. In Sardinien sind sie vorwiegend in der Kultur der Bauern und Hirten verankert. Bis in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die traditionelle Musik noch die am weitesten verbreitete Musikform auf der Insel und zugleich auch die beliebteste, denn sie hatte sowohl die Funktion der Unterhaltung als auch die der mündlichen Übermittlung der Geschichte und der Traditionen des sardischen Volkes.
Das Aufkommen neuer Musikstile, insbesondere der modernen Schlager- und Popmusik stellte, wie es auch anderswo in Europa der Fall gewesen war, die traditionelle Musik zunächst infrage, bevor sich diese in den letzten zwanzig Jahren wieder als Bekenntnis zu den eigenen Wurzeln einen Platz erkämpfte. So griffen sardische Musiker wieder die Tradition auf und experimentierten gleichzeitig damit, die traditionelle Musik als Basis für modernere Musikrichtungen zu benutzen.
Sardinien: die „tanzende" Insel
Heutzutage gibt es auf Sardinien ein wiedererwachtes, starkes Interesse an der traditionellen Musik und für den Besucher immer mehr Gelegenheiten, die alten Pfade der Musik wiederzuentdecken. Es gibt praktisch kein einziges Fest mehr – und es sind im Jahresverlauf viele! –, an dem traditionelle Tänze und Gesänge nicht im Programm stehen.
In der traditionellen musikalischen Ausdrucksweise der Sarden spielt der Gesang immer die Hauptrolle, während die Melodie im Wesentlichen die Aufgabe hatte, dem Gesang eine Struktur und einem Rhythmus zu geben.
Die bekannteste der musikalischen Ausdrucksformen Sardiniens ist der sogenannte „canto a tenore„, ein archaischer, vielstimmiger Gesang, der der Ausdruck jener Hirten- und Bauernwelt ist, in der das sardische Volk seine Wurzeln hat. Diese Musikform wurde sogar von der UNESCO unter die schützenswerten "Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit" aufgenommen. Wegen der außergewöhnlichen Bedeutung des Canto a tenore habe ich ihm ein gesondertes Kapitel gewidmet.
Music of Sardinia
Voches de Sardinna:
tenore de orosei amore profundo
Canti Della Sardegna
Will man eine Übersicht über die zahlreichen Musikinstrumente Sardiniens erhalten, sollte man sich in die kleinen Ortschaft Tasdasuni, am Ufer des Omodeo-Sees, begeben, wo es ein sehenswertes Museum für traditionelle sardische Musikinstrumente gibt. Von rein historischer Bedeutung ist das Trimpanu, das so hohe Töne erzeugt, dass sie von Menschen kaum wahrgenommen werden, während sie Hunden und Pferden gut hören können. Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts benutzten flüchtige Banditen in der Macchia dieses Instrument, um sich gegen Truppen berittener Carabinieri zu wehren, deren Pferde man mit dem Trimpanu zum scheuen brachte.
Organetto sardo (Diatonische Zieharmonika)
Die Vielstimmigkeit in der sardischen Musik, die im „canto a tenore“ ihren Höhepunkt erreicht, kommt auch bei den beiden wichtigsten Instrumenten Sardiniens zum Tragen: dem organetto sardound den Launeddas. Das „organetto“ ist eine kleine diatonische Harmonika, auf der man gleichzeitig die Melodie und die Begleitung spielen kann. Dieses typische Handzuginstrument wird besonders in Zentralsardinien häufig gespielt.
Die Trommler von Gavoi, die Tumbarinos, sind eine über die Grenzen des Landes bekannte Gruppe von Musikern, die, mit unterschiedlichen Trommeln versehen, bei Dorffesten durch die Straßen gehen und aufputschende Rhythmen erzeugen, die das Tanzen von Volkstänzen begleitenden und den Festen Höhepunkte verleihen . Rhythmus ist das dominierende Element der Musik Zentralsardiniens. Er wird durch das Schlagen der Trommeln, das laute Rezitieren von bedeutungslosen Silben oder mittels dem wilden Schlagen von Kuhglocken erzeugt. Im Süden und an den Küsten der Insel fehlt dieses rhythmische Element weitgehend.
Tumbarinos aus Gavoi
Das Musikinstrument, aber, das zum Symbol für die gesamte sardische Musik geworden ist, ist ein ein Blasinstrument. Die launeddas sind ein traditionelles Blasinstrument mit Einfachrohrblatt, das seit fast 3000 Jahren auf Sardinien in Gebrauch ist.
Launeddas bestehen aus zwei kürzeren Melodierohren (mancosedda und mancosa manna) und einer längeren dritten Bordunpfeife ohne Grifflöcher (tumbu). Die Rohre und Rohrblätter werden aus Pfahlrohr (einer Schilfart) angefertigt. Die beiden Melodiepfeifen werden üblicherweise zweistimmig polyphon gespielt. Traditionell werden sie mit Permanentatmung gespielt, einer Blastechnik, die einen kontinuierlichen Luftstrom aus dem Mund auch während des Einatmens ermöglicht.
Die Launeddas werden bei den sozialen Anlässen des bäuerlichen und kirchlichen Lebens gespielt, insbesondere zur Begleitung von Umzügen und sardischen Tänzen.
Luigi Lai spielt die „Launeddas"
Die Musikgruppe Cordas e Cannas (Saiten und Röhre) wurde besonders durch ihren interessanten Versuch bekannt, die traditionelle sardische Musik mit zeitgenössischen Klängen zu verschmelzen.
Cordas e Cannas
Der traditionelle sardische Tanz, der ballo sardo (ballu sardu) wird auch heute noch in Sardinien getanzt. Diese Tradition wird von Generation zu Generation überliefert und ist auch heute noch eine der reichsten und interessantesten in Italien und im ganzen Mittelmeerraum. Am meisten verbreitet sind der ballu Tundu (Kreistanz), a passu (Im Schritt), ballu seriu (Ernster Tanz), und andere Tänze auch, je nach Gegend.
Sardinien MM-Wandern
Sardinien Straßenkarte
Elf Wege über eine Insel Sardische Notizen
In Sardinien werden die Tänze gewöhnlich im Kreis getanzt und haben eine geschlossene Struktur, es gibt also eine enge Zusammenwirkung zwischen Musikern und Tänzern, sowohl unter dem rhythmischen als auch unter dem melodischen Aspekt. Die verwendeten Begleitinstrumente sind die bereits beschriebenen Organetto, die Launeddas und verschiedene Flötenarten.
Su ballu 'e tju Nanneddu
Wer den sardischen Tanz zum ersten Mal sieht, könnte zur Auffassung kommen, dass es sich um ein immer gleiches Gehopse handele, das dem hypnotischen Rhythmus einer variantenarmen Musik folgt. In Wahrheit handelt es sich um eine Reihenfolge auch sehr komplexer Tanzschritte und Figuren, die den Tänzern beachtliche Geschicklichkeit abverlangen und auch sehr anstrengend sein können, da die Tänze selten weniger als zehn Minuten dauern. De ballu sardu ist noch nicht zur Touristenattraktion degradiert, es ist immer noch ein gesellschaftlicher Ritus, der ausgeführt wird, um die Gemeinde zusammenzuhalten.
Auf dem folgenden Video werden, neben wunderbaren Bildern von sardischen Landschaften, auch zahlreiche „murales“ (Wandmalereien) gezeigt, eine „Sehenswürdigkeit“, die sich seit den 1960er Jahren in Zentralsardinien wie ein Lauffeuer breitgemacht hat.
Sardinien, mein Land (in Musik und Bildern)
Das erste dieser Wandmalereien wurde 1968 von der anarchistischen Mailänder Gruppe Dioniso in Orgosolo gezeichnet und wurde vom Film Banditi a Orgosolo inspiriert.