Literatur/ Presse

Pitigrilli (Dino Segre)
 
Ich kam über seine zynischen, aber geistreichen Aphorismen zu diesem Autor. Seine Bücher las ich in einem Atemzug.

Dino Segre, haupt­sächlich bekannt unter dem Pseu­do­nym Pi­ti­gril­li (Tu­rin, 9. Mai 1893 - Tu­rin, 8. Mai 1975), war ein ita­lie­ni­scher Schrift­stel­ler, Jour­na­list und pro­mo­vier­ter Rechts­wis­sen­schaft­ler. Er wur­de in den 1920er- und 1930er-Jah­ren als Ver­fas­ser von zur da­ma­li­gen Zeit um­strit­te­nen und oft verbotenen Büchern bekannt. In Deutsch­land galten diese Bücher als Paradebeispiele in der Debatte um das "Schmutz- und Schundgesetz" der Weimarer Republik. Sein bekanntester Roman Kokain stand in Deutschland noch bis 1988 auf dem Index für jugendgefährdende Schriften.
Segre besuchte eine von Dominikanern betriebene höhere Schule. Seine er­sten Artikel veröffentlichte er in Studentenzeitungen, später arbeitete er als Re­dakteur für verschiedene Zeitungen und gründete die Zeitschrift Le Grandi Firme (Die großen Namen). Die 1920er Jahre verbrachte Segre als Zei­tungs­korrespondent in Paris. Dort entstanden auch seine ersten, sofort heftig dis­kutierten Bücher
1930 begann er in Europa herumzureisen, lebte jedoch die meiste Zeit in Paris. Er kam nur zwi­schendurch nach Italien, wo er 1940 riskierte, aufgrund seiner jüdischen Herkunft, interniert zu werden. 1943 war er gezwungen in die Schweiz zu flüchten, wo er bis 1947 mit seiner Familie lebte.

1948 zog er nach Argentinien, wo er zehn Jahre blieb. Mit den nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1957 entstandenen Büchern dokumentierte der ehe­mals zynische Skeptiker Pitigrilli seine Hinwendung zum Moralismus und sein spätes Bekenntnis zum Katholizismus.

Auszüge aus „Kokain"
Pitigrilli
Kokain
Auf welche Weise Tito der Geliebte der Armenierin geworden ist, kann der Leser in ausführlichster Schilderung in jedem beliebigen anderen Roman nachlesen; ich empfehle insbesondere solche, die der Reihe nach alle Phasen der Verliebtheit projizieren und die mit tadelloser Keuschheit genau in den Augenblick enden, in dem er und sie, nachdem dreihundert Seiten mit nichts­sagenden Mätzchen sterilisiert wurden, sich den ersten würdevollen Kuss geben.
Gott ist kein Künstler. Um die Menschen zu töten, nimmt er seine Zuflucht zu so unendlich kleinen Meuchelmördern, dass man nicht einmal weiß, ob sie vegetabilischer oder animalischer Natur sind."
Ich wünschte, dass bei jedem Fall von Abtreibung oder Kindesmord nicht das Mädchen, das ab­ge­trie­ben oder getötet hat, bestraft würde, sondern dass man ihren Vater, ihre Mutter, ihre älteren Brüder, ihre Hausnachbarn und diejenige köpfte, die ihr durch Klatschereien, falsche Einschätzung, Vorurteil und Erziehung die Meinung beigebracht haben, dass die Schwangerschaft, ohne vorherige Ansage beim Standesbeamten, ein Verbrechen sei.
Der Autor distanzierte sich später von seinen frü­heren Büchern, die ihn be­rühmt gemacht haben, weil sie "so oft abgeschrieben worden sind, dass, wenn man sie wieder auflegte, es aussähe, als hätte ich von den Ab­schrei­bern abgeschrieben".
Bibliographie (Auswahl)
Il Natale di Lucillo e Saturnino (1915)
Mammiferi di lusso (
Luxusweibchen, 1920)
Ingannami bene (
Betrüge mich gut, 1920)
La cintura di castità (
Der Keuschheitsgürtel, 1921)
Cocaina (
Kokain, 1921)
Oltraggio al pudore (
Der falsche Weg, 1922)
La Vergine a 18 carati (
Die Jungfrau von 18 Karat, 1924)
L'esperimento di Pott (
Ein Mensch jagt nach Liebe, 1929)
I vegetariani dell'amore (
Vegetarier der Liebe, 1929)
Le amanti. La decadenza del paradosso (1938)
La meravigliosa avventura (1948)
Saturno (1948)
La piscina di Siloe (1948)
Mosè e il cavalier Levi (1948)
Il farmacista a cavallo (1948)
Lezioni d'amore (1948)
L'ombelico di Adamo (1951)
Il sesso degli angioli (1952)
Come quando fuori piove (1954)
La danza degli scimpanzé (1955)
L'amore ha i giorni contati (1956)
La Maledizione (1958)
Odor di femmina (1964)
Il dito nel ventilatore (1965)
Amori express (1970)
Sette delitti (1971)
 
 
Pitigrilli
Kokain
Pitigrilli
Ein Mensch jagt nach Liebe
Pitigrilli
Betrüge mich gut