Alboin, der Eroberer Italiens |
Die Langobarden waren ein Teilstamm der Sueben, und damit ein elbgermanischer Stamm, der ursprünglich an der unteren Elbe siedelte, wo ihre Präsenz im späten 1. Jahrhundert v. Chr. als gesichert gilt. |
Die Langobarden drangen bis zum 6. Jahrhundert n. Chr. in das Gebiet an der mittleren Donau (das heutige Niederösterreich), nach Mähren und nach Pannonien (das heutige Westungarn). Kaiser Justinian I. überließ ihnen laut Prokop „die pannonischen Festungen und die norische Polis“. |
Alboin (etwa 526 - 573), der später das Langobardenreich in Italien gründen würde, war zwischen 560 und 565 seinem Vater Audoin als König der Langobarden gefolgt. |
Im Jahr 567 vernichteten die Langobarden nach langen Kämpfen zusammen mit den Awaren das Gepidenreich. Die Schlacht gegen die Gepiden war ein Gemetzel, das nur wenige überlebten. Auch nicht ihr König Kunimund, der von Alboin selbst getötet wurde. Aus Kunimunds Schädel – so die Legende – ließ Alboin eine Trinkschale als Trophäe fertigen. Er zwang auch Rosamunde, Tochter des Königs, ihn zu heiraten – den Mörder ihres Vaters. Später sollte dies auch zu Alboins Untergang führen. |
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Die Völkerwanderung |
Die Langobarden: Germanen zwischen Alpen und Apennin |
Die Mörderin Rosamunde |
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Doch die Zeiten waren unruhig. Neue Nachbarn störten die Langobarden: die Awaren, gefürchtete Krieger aus den weiten Steppen Asiens. So sah sich Alboin, um dem awarischen Druck ausweichen, dazu gezwungen, mit seinem Volk weiterzuziehen. Er wollte es zu den fruchtbaren Ebenen Italiens führen, zu den üppigen Weinlandschaften des Friauls, zu den reichen Handelszentren, Venedig und Verona. |
Im Jahr 568 drangen die Langobarden in das vom Oströmischen Reich (Byzanz) gerade erst befriedete Italien ein. Der langobardische Einmarsch erfolgte von Nordosten her. Der Hauptstoß traf die Po-Ebene, also die später so genannte „Langobardei“ oder Lombardei. Es handelte sich nicht nur um einen Feldzug, sondern um die Verlegung nahezu der gesamten langobardischen Bevölkerung. 20 000 Krieger mit Frauen und Kindern. Pferdewagen an Pferdewagen zogen in Richtung Süden, immer mehr Menschen schlossen sich dem Zug an, Historiker sprechen von 200.000 Menschen. Es war die letzte große Völkerwanderung. Mit Alboin zogen auch Teile zahlreicher anderer Völkerschaften mit, darunter auch Romanen, Gepiden und Sachsen. |
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Einzug Alboins in Pavia |
Kaum jemand war in der Lage, sich den Langobarden in den Weg zu stellen. Mitte des 6. Jahrhunderts war der nördliche und mittlere Teil Italiens von der Pest gezeichnet und von den Gotenkriegen Justinians verwüstet. Das einstige Imperium war nur noch ein Schatten seiner selbst. Kaiser Justinian residierte weit weg von Italien hinter hohen Mauern in Konstantinopel, mit Kriegen gegen Hunnen und Perser im Osten beschäftigt, gegen Goten und Franken im Westen. So öffneten sich fast ohne Widerstand die Pforten der meisten Städte. |
In kürzester Zeit eroberten die Langobarden Aquileia, Vicenza, Treviso, Verona und Trient. Einer der treuesten Gefolgsleute von Alboin, Gisulf, wurde der erste Herzog von Friaul. Am 3. September 569 fiel auch Mailand, die alte Kaiserstadt, die dreißig Jahre zuvor von den Hunnen fast vollständig zerstört worden war. Schließlich zogen die Langobarden weiter nach Pavia, das spätere Zentrum des langobardischen Königreichs. Nach dreijähriger Belagerung fiel die Stadt im Juli 572. Und mit ihr die Herrschaft Konstantinopels im Norden Italiens. |
Nur drei Jahre und sechs Monate regierte Alboin. Seine Truppen stießen ins Innerste Italiens vor, eroberten die Toskana sowie Gebiete um Spoleto und Benevent. Gleichzeitig stießen einige Abteilungen nach Süden vor und sogar Rom, wo Papst Gregor I. (590-604) den Widerstand organisierte, wurde bedroht, wenn auch nicht erobert. Der König war auf dem Zenit. Alboin war ein ruhmreicher Herrscher, wie Paulus Diaconus, der Geschichtsschreiber der Langobarden, schrieb. Paulus Diaconus überliefert auch die schon stark legendenhaft ausgestaltete Erzählung über das Ende Alboins: Laut dieser Erzählung kränkte Alboin seine Gattin Rosamunde zutiefst, als er ihr bei einem Gelage in seinem Palast in Verona, seiner Hauptresidenz, den Becher, der aus Schädel ihres Vaters hergestellt worden war, reichte und sie aufforderte, daraus zu trinken. Was Rosamunde dachte, was sie tat, ist nirgends überliefert. Wahrscheinlich aber sann sie spätestens von diesem Moment an auf Rache. Sie wollte Alboins Tod. |
Sie verbündete sich mit Helmichis, ihrem Geliebten, der ihr riet, Peredeus, einen äußerst tapferen Mann, in das Attentat einzubeziehen. Als dieser sich weigerte, verführte Rosamunde ihn und erpresste ihn daraufhin mit den Worten: „Du hast nun eine Tat verübt, dass, wenn du Alboin nicht tötest, er dich töten wird.“ Peredeus riet, das Schwert Alboins in der Scheide festzuklemmen und den König im Schlaf zu töten. Ob Helmichis oder Peredeus den Mord verübte, geht aus den Texten nicht klar hervor. Der Tag der Rache kam im August 572. Der wachsame Alboin, der den Verrat ahnte, sprang auf und griff nach seinem Schwert, konnte dieses aber nicht ziehen. Verzweifelt verteidigte er sich mit einem Schemel gegen seinen Mörder. Vergeblich. Er starb ohne Waffen durch den Verrat seines Weibes. Er war erst 40 Jahre alt geworden. |
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Nach seinem Tod trat Alboin in die Heldensage ein, u.a. als Gestalt der Heldendichtung der Angelsachsen auf den britischen Inseln, wo er unter dem angelsächsischen Namen Aelfwine bekannt wurde. Im 8. Jahrhundert schrieb der bereits erwähnte Geschichtsschreiber und Mönch Paulus Diaconus in seiner Historia Langobardorum über Alboin, dass seine Freigebigkeit und seine Kriegstaten bei den Bayern, Sachsen und ihren Sprachverwandten noch immer in Gedichten gefeiert würden. |
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Ganz wider Erwarten wählten die langobardischen Herzöge nicht Rosamunde, sondern Alboins Sohn aus früherer Ehe, Kleph, zum König. Rosamunde und ihr Liebhaber flohen daher nach Ravenna mit dem geraubten Königsschatz zum byzantinischen Statthalter Longinus. Dieser drängte Rosamunde, ihn zu heiraten und ihren Geliebten Helmichis aus dem Weg zu räumen. Rosamunde sah sich bereits als Herrin Ravennas, als sie Helmichis einen vergifteten Trank reichte. Dieser merkte es zu spät, zwang sie aber, den Rest des tötlichen Trankes zu trinken. So fanden die Mordgenossen ihr gemeinsames Ende. So wurde es jedenfalls in einer spätmittelalterlichen Ballade beschrieben. |
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Die Fürsten der Langobarden wurden des unfähigen Königs Kleph bald müde und ermordeten ihn. Unter seinen Nachfolgern aber erhob sich das Langobardenreich zu hohem Ansehen. Seine Gesetze, das sogenannte langobardische Recht, wurden berühmt und blieben lange in Italien in Kraft. |
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Der Berg des Königs: Das Epos des langobardischen Volkes |
Byzanz: Die erstaunliche Geschichte eines mittelalterlichen Imperiums |
Auf der Suche nach Italien: Von der Antike bis zur Gegenwart |
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Es waren Streitigkeiten mit den römischen Päpsten, die schließlich zum Untergang des Langobardenreiches führten. Die mit dem Papst verbündeten Truppen Karl des Großen fielen 773 in Italien ein. König Desiderius, der letzte der Langobarden-Dynastie, verschanzte sich in Pavia. Wieder wurde die Stadt belagert. Im Juni 774, nach sechs Monaten, wurde Desiderius gefangen genommen und gezwungen, den Rest seines Lebens in einem Kloster zu verbringen. |
Es war das Ende des Langobardenreichs. An das stolze Geschlecht erinnern heute nur noch wenige Kunstwerke und Bauten, wie die Kapelle des Doms in Monza vor den Stadttoren Mailands, die einst von der Langobardenkönigin Theodolinde (570-627) gegründet wurde. Das Volk gab aber einer ganzen Landschaft ihren bis heute noch erhaltenen Namen: der Lombardei. |
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1962 gab es in Italien eine Verfilmung unter dem Titel „Rosmunda e Alboino" (Deutsch: „Alboin, König der Langobarden“ / Englisch: „Sword of the conqueror“) mit Jack Palance und Eleonora Rossi Drago in den Hauptrollen. |
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