Der Ausdruck Sizilianische
Vesper bezeichnet einen Aufstand 1282 in Sizilien gegen
die Herrschaft Königs Karl I. von Anjou.
Die Erhebung hatte ihren Ursprung im Kampf zwischen dem Papst
und dem Heiligen Römischen Reich um die Macht über
Italien. Die Nachkommen des letzten Stauferkaisers Friedrichs
II., also Manfred (1266) und Konradin (1268) repräsentierten
das Heilige Römische Reich.
I Vespri siciliani ist auch eine Oper, die Giuseppe Verdi nach einem Libretto von Eugène Scribe und Charles Duveyrier für die Pariser Oper komponierte.
Die Pariser Premiere der Oper am 13. 6. 1855 war so erfolgreich,
dass VerdiNapoleon III. vorgestellt wurde. Dieser lud Verdi dazu
ein, nach Paris zu ziehen, was der Komponist jedoch ablehnte. In Italien stieß das revolutionäre, den
historischen Aufstand der Sizilianer gegen
die Franzosen 1282 behandelnde Thema
auf Widerstand der Zensur, und die Oper konnte erst in
einer abgeänderten Übersetzung des Librettos
ins Italienische aufgeführt werden.
Nachdem 1266 der letzte
Hohenstaufer besiegt war, vertraute Papst Urban IV. das Königreich
von Sizilien Karl von Anjou an. 1263 hatte er ihn bereits mit
dem Königreich Neapel belehnt. Karl sah die sizilianischen
Gebiete als ein Sprungbrett für seine Interessen am Mittelmeer,
wozu er den Sieg über den byzantinischen Kaiser Michael
VIII. Palaiologus zählte.
Der Aufstand
erhielt seinen Namen dadurch, dass er zu Beginn des Abendgottesdienstes,
der
Ostermontagsvesper, seinen Anfang nahm. Der Legende nach ging
eine Sizilianerin auf der Suche nach ihrer Tochter in eine Kirche
in Palermo. Die Tochter hatte den ganzen Tag dort betend verbracht,
wurde in der Kirche aber von einem französischen Soldaten
geraubt. Darauf lief die Mutter auf die Straße und
schrie laut Ma fia! Ma fia! (im mittelalterlichen
sizilianischen Dialekt „Meine Tochter“). Einige sehen
in dieser Geschichte eine Erklärung für die Entstehung
des Wortes „Mafia“ (*). Ungefähr sechs Wochen
später führte das Geschehen schließlich
zu einem Massaker an den französischen Einwohnern Siziliens.
Nutznießer des Aufruhrs
war König Peter III. von Aragón, der eine erfolgreiche
Invasion startete, und damit zu Peter I. von Sizilien wurde.
Vespri Siciliani [DVD]
Sizilien: Eine Geschichte von der Antike bis in die Moderne
Es gibt zwei Deutungen
des Aufstandes, die einander nicht unbedingt ausschließen.
Die eine lautet, dass Michael Palaeologus und der Aragonesische
König Peter III. den Aufruhr aus weltpolitischen Ambitionen
anzettelten; die andere bezieht sich auf die grundlegende Ablehnung
von Karls Regierung durch das sizilianische Volk. Die letztere
Sicht gewann durch den Patrioten Amari breite Popularität.
Karl behielt die Macht
über das Königreich Neapel auf dem Festland bis zu
seinem Tod 1285; seine Erben regierten, bis die Nachfolger Peters
die beiden Gebiete 1442 wieder vereinigten.
Arie „O tu Palermo"
Bedeutung in der Moderne
Im Zuge des Risorgimento war die sizilianische Vesper sehr beliebt und wurde als
erster Vorläufer der italienischen Einheit und Freiheit
gesehen. In der vierten Strophe der 1847 geschrieben Hymne Fratelli
d'Italia wird sie auch erwähnt. Dabei vergaß
Goffredo Mameli, dass die Vesper kurzfristig eine weitere Teilung
des Landes brachte und nur einen Fremdherrscher (Anjou-Frankreich)
durch einen anderen (Aragon-Spanien) ersetzte. Erst der Zug
der Tausend des Giuseppe Garibaldi durch Sizilien leitete 1860
die Einigung Italiens ein.
(*) Es auch andere Versionen zur Entstehung des
Wortes Mafia.