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Der Abessinienkrieg |
Dass sich mir dieser Geschichtsabschnitt eingeprägt hat, ist darauf zurückzuführen, dass sich mein Vater zwischen Juli 1935 und Mitte Oktober 1935 als Pressekorrespondent einer französischen Zeitung in Abessinien aufhielt. Aus seinen zahlreichen Fotos und Zeitungsartikeln bekam ich also zuerst Kunde von diesem Krieg. |
Vorgeschichte |
Am Ende des 19. Jahrhunderts, nachdem die Herrschaft Ägyptens über Eritrea beendet war, besetzte Italien Assab (1882) und Massaua (1885) und löste damit einen ersten Krieg mit Abessinien (so nannte man damals Äthiopien) aus. Eritrea wurde in der Folge italienische Kolonie, während Äthiopien seine Unabhängigkeit behielt. Bei folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen erlitten die Italiener 1887 eine große Niederlage bei Dogali, was dazu führte, dass Italien 1889 dem Friedensvertrag von Ucciali zuzustimmte. |
Beginnend mit den Jahren 1893-1894 wiederholte sich das Geschehen. Die Italienischen Truppen erlitten aber schließlich eine wesentlich schwerer wiegende Niederlage in der Schlacht von Adua (März 1896). |
Der italienische Diktator Benito Mussolini, der nach der Machtergreifung 1932 unangefochten die Macht innehatte, wollte für Italien einen „Platz an der Sonne„. Er wollte das „Römische Reich" wieder aufleben lassen und damit in die Geschichte eingehen. |
Am leichtesten ließen sich Mussolinis Ambitionen am Horn von Afrika verwirklichen. Als er sah, dass die internationale Gemeinschaft 1931 die japanischen Besetzung der Mandschurei ohne jeglichen Widerstand hingenommen hatte, fühlte er sich ermuntert, mit der Annektion Abessiniens – mit Eritrea und Somaliland hatte Italien bereits den Küstenstreifen besetzt – ein zusammenhängendes Kolonialreich in Ostafrika zu schaffen, das Italien eine beherrschende Stellung am Roten Meer und damit an der strategisch wichtigen Passage zum Suezkanal gesichert hätte. |
Ab 1932 wurden Pläne für eine Invasion von Abessinien geschmiedet. General Emilio De Bono wurde Ende 1934 als Oberbefehlshaber der Invasionstruppen ernannt. |
1934 kam es im Ogaden zu verschiedenen Grenzzwischenfällen, bei denen einige somalische Askaris (einheimische Soldaten bzw. Polizisten im Dienste der italienischen Kolonialtruppen) von äthiopischen Grenztruppen getötet wurden. Das nutzte Mussolini als Vorwand, um politisches Kapital zu schlagen. |
Am 3. Oktober 1935 marschierten italienische Truppen (etwa 330.000 Soldaten und 87.000 Askaris) in Äthiopien ein. Es gelang ihnen zwar schnell, die Städte Adua und Axum zu erobern, im gebirgigeren Teil Äthiopiens kam die militärische Operation aber bald ins Stocken. Teilweise konnten die schwächeren äthiopischen Truppen (die teilweise noch barfuß und nur mit Speeren bewaffnet kämpften!) sogar zum Gegenangriff übergehen. Der Einmarsch der Italiener führte dazu, dass im Oktober 1935 der Völkerbund Sanktionen gegen Italien verhängte. General De Bono wurde nach nur 45 Tagen im Amt wegen des Misserfolgs von Mussolini seines Ants enthoben und durch Feldmarschall Pietro Badoglio ersetzt. Badoglio organisierte die Truppen um und ging zu pausenlosen Angriffen über. |
Abessinienkrieg |
Aber erst als Italien Giftgas einsetzte und die Bombardierungen aus der Luft ausweitete, kam es zu einer Entscheidung. Es war ein völlig ungleicher Konflikt. Unter Badoglio setzten die Italiener Panzer, Bomber, Giftgas und Flammenwerfer ein. Die Bewohner des Landes sahen zum ersten Mal Flugzeuge. Das italienische Militär missachtete das Genfer Protokoll und setzte Giftgas systematisch ein, und zwar gegen Soldaten und Zivilbevölkerung. Massenerschießungen unter der Bevölkerung kamen zustande.
Die italienischen Militärs respektieren in keiner Weise das geltende Kriegsvölkerrecht.
Mussolini schaffte es, die Greueltaten zu verheimlichen und die Lüge eines „sauberen Krieges" in Abessinien am Leben zu halten. Kaiser Haile Selassie trat vergeblich persönlich vor dem Völkerbund, um Hilfe zu fordern. Das hatte nur zur Folge, dass Italien aus der Weltgemeinschaft austrat.
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Italien bombardiete auch Spitäler des Roten Kreuzes mit Senfgas. Die Organisation wurde dafür „verantwortlich" gemacht, den Westen über die Giftbomben informiert zu haben. Der Kampfpilot und Sohn des Duces Vittorio Mussolini war von den Angriffen sehr beeindruckt. Er schwärmte von einem „bewegenden Schauspiel großer Schönheit.„ |
Am 5. Mai 1936 marschierten die italienischen Truppen unter Feldmarschall Badoglio schließlich in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba ein. Die von den Völkerbundsmächten angedrohte Blockade wurde aufgrund der Unterstützung Hitlers für Mussolini unterlaufen. |
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Auf
dem Titelblatt der italienischen Illustrierten
„La Domenica del Corriere“ vom 2. August 1936 war dieses Bild zu sehen mit folgendem
Kommentar: Italienischer Gnadenakt: Sechzig Eingeborene (!), die dem Befehl, alle Waffen abzugeben, nicht nachgegangen waren, was mit der Todesstrafe geahndet wurde, werden auf dem Marktplatz von Addis Abeba prozessiert. Beim Urteilsspruch verkundet Gen. Olivieri den Angeklagten, dass ihnen wieder die Freiheit gegeben wird, weil der Vizekönig den neuen Untertanen die Großzügigkeit (!) der Italiener zeigen möchte. |
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Als Mussolini am 9. Mai 1936 das Ende des Krieges verkündete, war er auf dem Höhepunkt seiner Macht. Der „Sieg" löste bei den Italienern, die von den Gräueltaten nichts wussten, Begeisterung aus. |
Der italienische König bekam den Titel „Kaisers von Äthiopien“ und Rodolfo Graziani, der Befehlshaber der Armee in Äthiopien, erhielt den Titel des äthiopischen Vizekönigs. |
Am 19. Februar 1937 fand ein Attentat auf Graziani statt, der leicht verletzt wurde. Daraufhin begannen die Italiener „wie verrückt auf die Äthiopier zu schießen. Bald lagen 300 Leichen im Innenhof“, so der ungarische Arzt Ladislav Svava. „Gleich nach dem Attentat brachten bewaffnete faschistische Schwarzhemden alle um, die ihnen über den Weg liefen: Frauen, Kinder, Alte. Und sie brannten Häuser nieder, schossen auf die flüchtende Menschenr. Seit dem türkischen Massaker an Armeniern habe ich nicht eine solche Brutalität erlebt“, schrieb hingegen der US-Botschafter. Das Pogrom dauerte drei Tage. Bis zu 6000 Äthiopier sollen ermordet worden sein. |
In der Folgezeit kam es in Äthiopien immer wieder zu Guerillaangriffen gegen die Italiener. Auch nach dem offiziellen Ende des Krieges setzte Italien noch Giftgas gegen die Rebellen ein und ermordete nicht wenige Kriegsgefangene. Die italienische Herrschaft endete erst mit dem Zweiten Weltkrieg, als es britischen Truppen gelang, Äthiopien zu erobern. Im Mai 1941 konnte der äthiopische Kaiser Haile Selassie wieder in Addis Abeba einziehen. |