Geschichte

Die Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich



Das Haus Savoyen ist eine Dynastie, die seit dem Hochmittelalter über das Territorium Savoyens und des Pie­monts herrschte und zwischen 1861 und 1946 die Könige Italiens stellte.

Das Königreich Sardinien (1239 bis 1861) war ein Staat, der Sardinien, Piemont einschließlich Nizza und Savoyen umfasste.

Die Stadt Nizza, eine der renommiertesten Städte Frank­reichs hat italienische Wurzeln, denen sie ihre unübersehbare italienische Atmosphäre verdankt. Sie wurde fünfhundert Jahre lang vom Hause Savoyen beherrscht, von 1388 – mit Unterbrechung von 1793 bis 1814 – bis 1860,
Die Graf­schaft Niz­za (Con­tea di Niz­za) war ein­mal ein Ge­biet, in dem größ­ten­teils Ita­lie­nisch ge­spro­chen wur­de. Die Haupt­stadt Niz­za nann­te man Niz­za ma­rit­ti­ma, um sie von Niz­za Mon­fer­ra­to in Piemont zu un­ter­schei­den. Die West­gren­ze der Graf­schaft Nizza, jenseits der die fran­zö­sische Pro­ven­ce lag, war der Fluß Var, der seit der Antike als die westliche Grenze der ita­lie­ni­schen Region galt.
Die Grafschaft gehörte bis zum Jahr 1860 zum Königreich Sardinien, danach wur­de sie von Camillo Benso di Cavour, dem Premierminister des König­reichs Sardinien-Piemont, an Frankreich abgetreten. Daraufhin begann seitens Frankreich die in­ten­sive Arbeit der Französisierung, die sich vor allem auf die Stadt Niz­za aus­wirk­te, aber auch den Rest der Grafschaft betraf. Die all­mäh­li­che Ver­brei­tung der fran­zö­si­schen Sprache gegenüber dem Italienischen wurde von der Regierung forciert. So wurden zum Beispiel alle italienischen Zeitungen (wie „La voce di Nizza“) eingestellt und sogar viele Familiennamen geändert (aus „Bianchi“ wurde „Leblanc“, aus „Del Pont“Dupont“, etc.).
Bis 1860 hieß die Promenade des Anglais im Dialekt NissartCamin dei Anglès"
Die italienische Charakter von Nizza verschwand allmählich: In den 1930er Jahren hatte nur noch das historische Zentrum der Stadt eine italienische Mehrheit, heute wird in der ganzen Stadt ausschließlich Französisch ge­spro­chen. Im ganzen französischen Département Alpes-Maritimes und dessen Hauptstadt Nizza wird aber vielerorts auch noch Italienisch (als Zweitsprache) gesprochen. Der örtliche DialektNizzardo“ ist ligurischen Ursprungs. Die ur­sprüngliche Kultur hat sich hauptsächlich in den Ortschaften des Hinterlandes erhalten, aber auch in Menton und Monaco. Interessant ist auch, dass ein gro­ßer Teil der Namen der Einwohner dieser Gegend italienisch ist: man braucht sich also nicht zu wundern, wenn man Namen wie „Giorgi“, „Del­ri­vo“, „Rosso“, „Bal­dacci“, „Paolini“, „Andreoli“ und „Ceccarini“ auffindet.

Nizza
Cavour
Über den Dächern von Nizza
Gebrauchsanweisung für Nizza und die Côte d'Azur
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Über den Dächern
von Nizza [DVD]

Die Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich wurde vom Gra­fen Camillo Benso di Cavour gewollt, weil er die Un­ter­stüt­zung Napoleon des III. bei sei­nem großen Projekt, der italienischen Einheit, damit erreichen wollte. Napoleon III. sagte im Gegenzug Sardinien-Piemont zu, es bei einem Krieg gegen Österreich zur Eroberung Lombardo-Venetiens zu unter­stütz­en.
Nicht alle Politiker billigten dieses Projekt, denn, wenn auch Savoyen von der Sprache und der Kultur zweifelsohne französisch war, so war die Grafschaft Nizza nicht weniger italienisch als der Piemont. Der größte Gegner dieser Ab­tretung war Garibaldi, der „Held zweier Welten“, da Nizza seine Geburtsstadt war, aber auch die konservative Rechte behaup­te­te, dass die Abtretung ein Akt der Unterwerfung der Cavour-Regierung gegen­ü­ber Frankreich sei.
1860 unterzeichneten Napoleon III. und Vittorio Emanuele II. den Vertrag von Turin, der den Anschluss Nizzas und Savoyens an Frankreichs nach Zu­stim­mung seiner Bewohner vorsah. Bei dem Plebiszit, das trotz aller Be­mü­hun­gen Gari­bal­dis am 15. April 1860 stattfand (auch in Menton und Roquebrune), stimmten 25.743 Wahl­be­rechtigte für und 260 gegen den Anschluss an Frankreich.

Ganz zu schweigen davon, dass vor dem Plebiszit bereits mehr als 10.000 Menschen in das (zu­künf­tige) Königreich Italien gezogen wa­ren, weckt doch die hohe Zu­stim­mungsquote star­ken Verdacht auf Wahlfälschung. Das Ergebnis dieses Referendums, bei dem die Piemonteser Be­hör­den den Bürgern Nizzas und Savoyens mit Nach­druck na­he­gelegt hat­ten, für den An­schluss zu stimmen, galt als Verstoß gegen den wahren Willen des Volkes und führte zu zahlreichen Kontro­ver­sen.

Der Historikers Marzio Scaglioli behauptete, dass nur die nizzardischen Seeleute, die beim Plebiszits an Bord von Schiffen der königlichen Marine waren, wirklich frei wählen konnten – und mit großer Mehr­heit gegen den Anschluss an Frankreich votierten.

Am 14. Juni 1860 marschierten die französischen Truppen in Nizza ein. Die bisherige Grafschaft Nizza, bestehend aus den Arrondissements Nizza und Puget-Théniers, wurde um das Arrondissement Grasse erweitert und (erneut) zum Département Alpes-Maritimes gemacht. Das Fürstentum Monaco stand nun nicht mehr unter dem Schutz Sardiniens, sondern wieder unter dem Frankreichs.

Am 29. Mai rati­fi­zier­ten aber die beiden Kammern des Tu­ri­ner Parlament mit großer Mehr­heit die Ab­tretung der beiden Regionen.

Der Wechsel zu Frankreich führte in Nizza zu einem unverhofften wirt­schaftlichen Boom. Die Stadt entwickelte sich zur ers­ten mo­der­nen eu­ro­päischen Touristenmetropole. Heute besitzt die Haupt­stadt der Côte d'Azur nach Paris die zweit­höchs­te Museumsdichte Frankreichs.
 
 
Über den Dächern von Nizza
Über den Dächern
von Nizza
 
 
Nizza
Gebrauchs­an­wei­sung für Nizza und die Côte d'Azur
 
Nizza
In der Hitze von Nizza