Persönlichkeiten

Walter Bonatti

Niemals hatte ich mich besonders für Bergsteigen interessiert. Walter Bo­natti wurde mir erst nach den Höhe­punk­ten seiner Bergsteiger-Karriere wirklich bekannt, nämlich als Foto­reporter. Dann allerdings wurde ich ein begeisterter Leser seiner Repor­tagen, in denen er, im Wochen­ma­ga­zin EPOCA des Mon­da­do­ri-Ver­lags, von seinen zahlreichen Reisen und Abenteuern berichtete.
Walter Bonatti (Bergamo, 22. Juni 1930 – Rom, 13. September 2011) war ein berühmter ita­lienischer Berg­steiger. Man nannte ihn „il re delle Alpi“ (König der Alpen). Außer Bergsteiger und Berg­führer war er auch Autor vieler Bü­cher und Re­por­tagen, in denen er seine Erfahrungen in den un­weg­sam­sten Regionen der Erde schilderte.
Bonatti gilt als einer der größten Bergsteiger aller Zeiten. Die Zahl seiner Erst­besteigungen und Be­gehung von neuen Routen ist bemerkenswert.
Bonatti wandte sich früh dem Bergsport zu und war bereits im Alter von nur 19 Jahren in den schwie­rigsten Wänden der Alpen unterwegs. Seinen Unter­halt verdiente er in jenen Jahren noch als Stahl­ar­beiter, während er die Wo­chen­enden seiner Kletterei widmete.
1950 versuchte er sich am „Grand Capucin“, einem 3.838 m hohen Berg im französischen Mont-Blanc-Massiv. Er gilt als der am schwierigsten zu be­stei­gen­de Berg der Alpen. Die Erstbegehung der knapp 400 Meter hohen, fast senkrechten Ostwand aus rotem Granit gelang Walter Bonatti aber erst im Juli 1951, zusammen mit Luciano Ghigo. Mit dieser Erst­besteigung ist allerdings auch eines der traurigsten Kapitel seines Lebens verbunden: Bei der Feier, die für Bonatti veranstaltet wurde, erlitt seine Mutter einen Infarkt und starb.
Die Expedition, die er drei Jahre später unter der Leitung des italienischen Bergsteigers Ardito Desio zum 8611 Meter hohen K2 (8611 Meter) im Kara­korum-Gebirge begleitete und bei der Achille Com­pagnoni und Lino Lacedelli den K2 erstmals be­stie­gen, sollte Bonatti fast fünfzig Jahre lang ver­fol­gen. Bonatti, der Jüngste aber einer der Stärk­sten der Expedition, sollte zusam­men mit dem pakistanischen Träger Amir Mahdi Sauerstoff für die spä­teren Erst­be­stei­ger Achille Compagnoni und Lino Lacedelli nach oben schleppen. Auf über 8000 m Höhe muss­ten die Beiden ein Freilager beziehen und konnten in der einbrechenden Dunkelheit das Lager, das auf Veranlassung Compagnonis wo­anders als an der vereinbarten Stelle errichtet wurde, nicht finden.
Bonatti und Ahmir Mahdi
Man ließ Bonatti buchstäblich im Nichts auflaufen. Im offiziellen Bericht von Desio wurde einiges anders als der Wahrheit entsprechend beschrieben, und die Hilfe Bonattis beim erfolgreichen Aufstieg zum Gipfel nicht ge­wür­digt. Bonatti selbst sah sich um den Gip­fel­erfolg betrogen, und die Umstände die­ser Ex­pe­dition wurden Gegenstand lang anhaltender Dis­kus­sio­nen. Bonatti ver­tei­dig­te seinen Ruf und die Wahrheit über die Expedition jahrzehntelang in Bü­chern und Interviews. Diese Ereignisse trugen dazu bei, aus Walter Bonatti einen Alleingänger zu machen.
Walter Bonatti
Faszination mont blanc
Walter Bonatti
Katastrophen am Berg
2004 verteigte Reinhold Messner Bonattis Version. „Wenn die Ero­be­rung des K2“, sagte er, „Ardito Desio als Vater hat, hat sie zwei­fels­ohne in Walter Bo­nat­ti ihren zweiten Vater.“. 2008 rehabilitierte, mit der Ver­öf­fent­li­chung von „K2 - Una sto­ria finita“ (K2 - Eine abgeschlossene Geschichte), schließlich der Ita­lie­nische Alpenverein Walter Bonatti für seinen Beitrag zur Erst­be­stei­gung des K2.
Die Nordwände der Drei Zinnen (1953) und den Walkerpfeiler der Grandes Jo­rasses (1963) bezwang Bonatti jeweils im Winter. Mit Carlo Mauri erreichte Walter Bo­nat­ti am 6. August 1958 den bis dahin noch unbestiegenen Gip­fel des 7925 m hohen Ga­sher­brum IV in Pakistan.
Mit seinem sechstägigen Alleingang auf den Süd­west-Pfeiler des Petit Dru im Mont-Blanc-Massiv, heute „Bonattipfeiler“ genannt, schrieb Bonatti im Jahr 1955 Alpingeschichte.
Am 10. Juli 1961 versuchte Bonatti sich mit ita­lie­nischen und französischen Kameraden am zentralen Frêney-Pfeiler (Mont Blanc). Nur 90 Meter unterhalb des Ausstiegs in leichteres Gelände, an der so­ge­nann­ten Chandelle, wurden sie von einem Wet­ter­sturz überrascht, in dem Pierre Kohlmann vom Blitz getroffen wurde. Im Unwetter saßen sie 60 Stunden in der Wand fest. Beim Abstieg durch Unmengen an Neuschnee starben Kohlmann, Robert Guillaume, Andrea Oggioni und Antoine Vieille an Erschöpfung und Unterkühlung. Nur Bonatti, Roberto Gallieni und Pierre Mazeaud überlebten.  
Walter Bonatti
Im Februar 1965 beendete Walter Bonatti das ex­treme Bergsteigen für sich mit einer Solo-Win­ter­durch­stei­gung der Matterhorn-Nordwand auf einer neuen Route. Es war eine der größten alpinistischen Leistungen der 1960er Jahre. Seit dem freiwilligen Abschied vom extremen Alpinismus bereiste Bonatti von 1965 bis 1979 als Reporter des bekannten Magazins EPOCA fast alle Konti­nen­te, um Fo­to­re­por­ta­gen zu erstellen. Seine Reportagen erschienen auch in der deutschen Monatszeitschrift „Bild der Zeit“ (bis diese eingestellt wurde).  
Seit 1980 war Bonatti mit der bekannten ita­lie­ni­schen Schauspielerin Ros­sa­na Podestà ver­bunden. In diesem Jahr wurde die Schauspielerin bei einem Inter­view gefragt, wen sie denn als Partner auserwählen würde, falls sie sich auf eine einsame Insel zurückziehen müsse. Worauf sie ohne Zögern „einen Mann wie Walter Bonatti" antwortete.
Bonatti, der gerade eine Schei­dung hinter sich ge­bracht hatte, schrieb ihr einen Brief. In der Folge organisierten sie ein Tref­fen in Rom vor der Kirche Santa Maria in Ara Coeli. Sie musste mehr als zwei Stunden auf ihn warten, denn er hatte die berühmte Sehenswürdigkeit mit ei­ner anderen verwechselt. Als er schließlich kam, begrüßte sie ihn mit den Wor­ten: „Was bist du für ein Forschungsreisender, wenn du nicht einmal eine Person in Rom finden kannst?“.
Für sein außergewöhnliches Lebenswerk wurde Wal­ter Bonatti im Jahr 2009 mit dem Bergstei­ger­preis des Piolet d’Or geehrt.
 
 
Walter Bonatti
Die Berge meines Lebens
Meine größten Abenteuer: Reisen an die Grenzen der Welt
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Walter Bonatti
Katastrophen am Berg