|
|
|
Luisa, Marchesa Casati Stampa di Soncino (1881 - 1957) war eine extravagante italienische Erbin, Modeikone, Muse und Kunstmäzenin im Europa des frühen 20. Jahrhunderts. Bekannt und dokumentiert ist ihre Aussage: "Ich möchte ein lebendes Kunstwerk sein."
Während es kaum erhaltene Tagebücher oder Briefe der Casati gibt, die Details aus ihrem Leben offenbaren könnten, gibt es glücklicherweise eine Vielzahl von erhaltenen Porträts, die von der unvergesslichen Ausstrahlung dieser außerordentlichen Frau zeugen. Die Marchesa, die in Paris, Rom und Venedig lebte, war in jener Zeit der schillerndste Paradiesvogel der High Society, der Künstler beeinflusste, Paläste sammelte und luxuriöse Feste gab. |
|
Luisa Amman kam 1881 als zweitälteste Tochter des sehr wohlhabenden Textilindustriellen Alberto Amman – dessen Familie aus Vorarlberg stammte – und seiner Frau Lucia Bressi in Mailand auf die Welt. In dieser Stadt verbrachte sie zusammen mit ihrer Schwester Francesca ihre Kindheit, die privilegiert aber einsam war. Luisa galt als frühreif und ausgesprochen intelligent. Bereits als Kind begann sie sich für das Leben herausragender Persönlichkeiten zu begeistern, wie Ludwig II, die Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, die Schauspielerin Sarah Bernhardt, die Freiheitskämpferin Cristina di Belgiojoso und Virginia Oldoini, die einige Jahre die Mätresse des französischen Kaisers Napoléon III. war und ein bekanntes Fotomodell in der Frühgeschichte der Fotografie. Der frühe Tod der Eltern machte Luisa und ihre Schwester zu den reichsten Erbinnen Italiens. |
1900 heiratete Luisa den Adeligen Camillo Casati Stampa di Soncino, Marchese di Roma (1877–1946) mit dem sie zwei Töchter hatte.
Die Ehe engte ihren Lebensstil aber sehr bald ein und deshalb lebten die Eheleute für die Dauer ihrer Ehe in getrennten Wohnsitzen. Im Jahr 1914 wurden sie gerichtlich getrennt. Die Ehe endete erst mit dem Tod des Marchese. |
Im Jahr 1903 begann die Marchesa eine langjährige Affäre mit dem großspurigen Kriegshelden und Dichter Gabriele D’Annunzio (einem ihrer vielen Geliebten). Während dieser Zeit reiste sie viel und fand schnell Kontakt zur europäischen High Society in London, Paris, Venedig, Rom, Capri und München. Die Bankette, Tanzbälle, Gartenfeste, Abendessen, Fuchsjagden, Tanzabende und Kostümfeste der europäischen Hoch- und Geldaristokratie waren berühmt und füllten die Gesellschaftsspalten der Zeitungen. Je extravaganter und skandalöser ihr Lebens- und Liebesgeschichten waren, umso größer wurde die Faszination, die von ihr ausging. 1910 kaufte sie in Venedig den unfertigen Palazzo Venier dei Leoni und ließ ihn nach ästhetizistischen Maßstäben um- und ausbauen. Der Palazzo war in den folgenden Jahren die Bühne für ihre Auftritte, deren permanente Steigerung sie sich zur Pflicht gemacht hatte. |
|
|
|
Luisa Casati blendete jeden, den sie begegnete, und schockierte das Europa der Jahrhundertwende. Sie war häufig Gast bei spiritistischen Sitzungen, trug lebende Schlangen als Schmuck, hielt sich Affen, weiße Pfaue, Ozelote, Tiger und ein Gepardenpaar, das sie an diamantenbesetzter Leine ausführte. Jeder konnte dabei sehen, dass sie unter dem Pelzmantel nackt war. |
Nackte, mit Goldstaub eingepuderte Diener nahmen sich ihrer Person an. Bizarre Wachspuppen saßen als Gäste an ihrem Esstisch, und man munkelte, dass die eine oder andere von ihnen die Asche von früheren Liebhabern der Marchesa beinhalte. |
Wo immer sie hinging, bestimmte sie den Trend und verblüffte sogar die abgestumpftesten Mitglieder der internationalen Aristokratie. Ohne Zweifel war die Marchesa Casati die skandalträchtigste Frau ihrer Zeit. |
|
Giovanni Boldini - Luisa Casati mit Pfauenfedern |
|
1923 kaufte die Marchesa in Paris den Palais Rose, der nach ihr Palais du Rêve (Palast der Träume) genannt wurde, musste ihn aber 1930 wieder verkaufen, weil sie durch ihren aufwendigen Lebensstil Schulden in Höhe von 25 Millionen Dollar angehäuft hatte. Bald war sie gezwungen, Bankrott zu machen. Noch zu Beginn des Jahrhunderts als reichste Erbin Italiens von allen umschwärmt, musste sie verarmt nach London fliehen, wo sie, unterstützt von Freunden, bis zu ihrem Tod 1957 lebte. |
Sie wurde auf dem Friedhof Brompton Cemetery mit einem ausgestopften Pekinesen zu ihren Füßen bestattet.
Auf dem Grabstein ist ein Zitat von William Shakespeare aus „Antonius und Cleopatra“ zu lesen: "Age cannot wither her, nor custom stale her infinite variety." ( Alter kann sie nicht verwelken, noch Gewohnheit ihre unendliche Vielfalt schal werden lassen). |
|
Luisa Casati wurde als meistgemalte Frau Italiens berühmt. In Porträts, Fotografien und Skulpturen wurde sie von zahlreichen Künstlern verewigt, mit vielen von denen sie persönlich befreundet war, wie mit Giovanni Boldini, Augustus John, Kees van Dongen, Jacob Epstein, Man Ray und Cecil Beaton, nur um einige zu nennen. Die Marchesa war es, die den Fotografen und Maler Man Ray der Modezeitschrift Vogue vermittelte, die zu jener Zeit auch ein Magazin der Avantgarde war. Berühmte Schriftsteller wie Tennessee Williams und Jack Kerouac wurden von ihrer Persönlichkeit beeinflusst. Ihre Kleider und Kostüme wurden von Léon Bakst, Paul Poiret, Mariano Fortuny und Erté entworfen. |
Als Muse der italienischen Futuristen Filippo Tommaso Marinetti, Fortunato Depero und Umberto Boccioni, realisierte sie mit ihnen ein aufwändiges Marionetten-Schauspiel mit Musik von Maurice Ravel. |
|
Gabriele D’Annunzio verewigte sie 1910 mit der Figur der Isabella in seinem Roman „Forse che sì forse che no" (Vielleicht – vielleicht auch nicht) . |
Der Mythos der Luisa Casati wurde in mehreren Kinofilmen aufgeführt, unter anderem mit Theda Bara, Vivien Leigh („La contessa“), Tallulah Bankhead und Ingrid Bergman („A matter of Time“ von Vincente Minnelli). |
|
Ausführlichere Informationen auf der Website des Casati Archive. |
|
|