Mafia |
Die Insel Sizilien liegt südwestlich vor der „Stiefelspitze"
Italiens und hat eine Fläche von 25.703 km²
und rund 5 Millionen Einwohner. Sie ist in neun Provinzen
aufgeteilt. Die größte Stadt Siziliens und deren
Regionhauptstadt ist Palermo. |
Der Begriff Mafia
wird heutzutage meistens als Synonym für die organisierte
Kriminalität verwendet. Im engeren Sinne steht der
Begriff Mafia aber für eine in Sizilien entstandene und existierende kriminelle Organisation. Spätestens seit dem
Prozess gegen Joe Valachi, den ersten „Pentito“
(Begriffserklärung am Seitenende),
verwendet man für die sizilianische Mafia auch
die Bezeichnung „Cosa Nostra" (Unsere
Sache). |
Die Entstehung der Mafia
kann man nur verstehen, wenn man die gesellschaftliche und politische
Entwicklungen Siziliens kennt. Wegen den instabilen
Staatsverhältnissen und der permanenten Fremdherrschaft
hielt sich dort für lange Zeit
die Macht der Feudalherren. Im 19. Jahrhundert hatten
die Großgrundbesitzer diese Rolle übernommen. Zur Wahrung ihrer
Interessen setzten diese faktischen Machthaber bewaffnete
Wächter ein, um die zeitweise aufbegehrende Bauern
oder die Banditen zu bekämpfen. |
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Schon frühzeitig nutzten diese
„Wächter" ihre Macht, um die Bauern zu erpressen
und finanzielle Vorteile zu erzielen. Die maßgebliche
Entwicklung der Mafia erfolgte jedoch erst nach
der Einigung Italiens im Jahr 1860. Denn der neuen italienischen
Zentralregierung gelang es nicht, eine wirksame Kontrolle
des Staates über Sizilien zu installieren. So konnten die Großgrundbesitzer und ihre privaten Schutztruppen immer
mehr an Einfluss gewinnen. Es war im Rahmen dieser Entwicklung, dass sich
die Organisation
Mafia, wie wir sie heute kennen, entwickelte. |
Zur Etymologie des Wortes
Mafia muss gesagt werden, dass es vermutlich nicht
aus dem Arabischen stammt (mahias für „Angeber,
Zerstörer“, mu' âfâ für
„beschützen" oder von Ma' âfir,
ein sarazenischer Stamm, der von 831 bis 1072 in Palermo regierte.)
Wahrscheinlicher stammt es vom toskanischen Wort „maffia“
(Armut, Not). Im Falle der Abstammung aus dem toskanischen Dialekt,
ist die Verbreitung des Mafia-Begriffs in Sizilien
nach der Landung von Giuseppe Garibaldi (1860) wahrscheinlich, ähnlich wie auch andere Wörter
aus dem Toskanischen. |
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Gomorrha
Roberto Saviano |
Mussolini Hitler Mafia |
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Einer weit verbreiteten
Zuordnung nach, steht das Wort für die Abkürzung von
„Morte Alla Francia, Italia Anela" (Den Tod Frankreichs ersehnt sich Italien),
bzw. „Morte Ai Francesi, Invasori, Assassini“ (Tod den Franzosen, Invasoren,
Mördern), Sätze, die der Legende nach der Schlachtruf
und Auftakt der Sizilianischen Vesper am 31. März 1282 waren. |
Laut einer Legende wurde die Sizilianische Vesper durch einen
französischen Besatzungssoldaten ausgelöst,
der sich an einem hübschen Mädchen aus Palermo vergangen
haben soll. Laut dieser Variante soll sich der Schrei der Mutter
in den Straßen: „Ma - ffia, ma - ffia!"
(Meine Tochter, meine Tochter!) später zum Inbegriff
des Widerstandes entwickelt haben, in dessen Folge die
französische Anjou-Dynastie aus Sizilien vertrieben
wurde. |
Die sizilianische Mafia unterscheidet sich von anderen kriminellen
Vereinigungen durch ihre hierarchischen Strukturen, die
aus so genannten „Familien“ bestehen. Damit sind keine blutsverwandtschaftlichen Verbindungen gemeint,
vielmehr ein streng hierarchisch gegliederter
Verband von Mitgliedern sizilianischer Herkunft. Jedes Familienmitglied muss einen strengen Kodex genauestens einhalten; Verstöße, insbesondere gegen die
Omertà (Begriffserklärung
am Seitenende), wurden in in der Regel
mit Gewalt (bis hin zu Mord) geahndet. Die Mafia ist
eine rein patriarchale Organisation. Frauen haben in der Hierarchie der „Familien“, nichts zu suchen. Jede Mafia-„Familie“
hat ein Oberhaupt, dem jedes Mitglied dieser „Familie“
zu absolutem Gehorsam verpflichtet ist. Diesen „Familien„-Anführern steht ein Boss aller Bosse („capo dei tutti capi“) vor, der uneingeschränkte Macht
über alle „Familien" ausübt. |
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In Italien gelang es nur dem totalitären Faschismus
unter Mussolini, die Mafia radikal und erfolgreich zu bekämpfen. Mussolini gelang es, die Mafia innerhalb weniger
Jahre zu dezimieren. |
Was kaum bekannt ist, ist
dass das die Mafia in Sizilien im Zweiten Weltkrieg mit Hilfe
der USA wieder aufgebaut wurde. Denn Amerika benötigte
in Italien Verbündete, um die Landung auf Sizilien voranzubringen.
So nutzte die Regierung der USA den Kontakt zum Mafioso "Lucky" Luciano, um Verbindungen zu den Resten der sizilianischen Mafia herzustellen, die verständlicherweise den Faschisten
sehr feindlich gegenüberstand. |
Die meisten italienischen
Verbrecherorganisationen wie die Camorra in Neapel und Kampanien, die ’Ndrangheta in Kalabrien und die Sacra Corona Unita in Apulien werden heute ganz allgemei mit dem Sammelbegriff „Mafia“ beschrieben.
Darüber hinaus wird der Begriff immer häufiger auf
andere Verbrecherorganisationen angewendet, wie
die „russische Mafia“, die „albanische Mafia“
oder die „japanische Mafia“ (Yakuza). |
Die italienischen Mafia-Organisationen gelten als die
mächtigsten der Welt. Man schätzt, dass allein die Cosa Nostra, die Camorra und die 'Ndrangheta durch Finanzkriminalität, Drogenhandel,
Schmuggel, Produktfälschungen, Prostitution und Menschenhandel
weit über 100 Milliarden Dollar pro Jahr verdienten. |
Lupara |
Lupara (deutsch: Wolfstöter) nennt man in Sizilien eine Flinte mit gekürzten Lauf und Kolben. Sie diente in früheren Zeiten den Hirten zur Abwehr von Wölfen. Die Lupara wurde häufig für Gewaltverbrechen verwendet, da sie sich wegen ihrer geringen Größe unauffälliger transportieren ließ. Der Begriff Lupara Bianca (weiße Lupara) steht für den perfekten Mord, bei dem der Leichnam spurlos beseitigt wird. Im Gegensatz dazu steht die Lupara Rossa (rote Lupara), die offene Ermordung von Gegnern. |
Omertà |
Die Erklärung dieses Begriffs
in Wikipedia (deutsch) ist irreführend.
„Omertà" sei das „Gesetzt des
Schweigens“. Es ist kein „Gesetz“, das nur für
Mitglieder der Mafia gilt. Es ist eine Haltung gegenüber
der Staatsgewalt, die auch von Nicht-Mafiosi eingenommen wird .
Die „Omertà“ impliziert „die
grundsätzliche Verweigerung mit den staatlichen Institutionen
zu kooperieren, auch wenn man selbst Opfer eines Verbrechens
gewesen ist.“ Selbst wenn jemand verurteilt wird für
ein Delikt, dessen er nicht schuldig ist, wird von ihm erwartet,
dass er die Strafe absitzt, ohne der Polizei die Informationen
über den wirklichen Täter zu liefern. Das gilt selbst
dann, wenn der Täter nichts mit der Mafia zu tun hat. Innerhalb
der Mafia wird der Verstoß gegen die „Omertà“
mit dem Tode geahndet.
Aussprache: Beim Wort „Omertà" wird
die Endsilbe (das „à“) stark
betont. |
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Omertà
Mario Puzo |
Der Pate
Mario Puzo |
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Eine irrige Auffassung ist, dass es die Mafia
war, die die „Omertà“ einführte.
Tatsächlich gab es diesen Kodex lange vor dem Aufkommen
der Mafia selbst. Historiker datieren es in das 16. Jahrhundert
als eine Oppositions-Maßnahme gegen die spanische Herrschaft. |
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Die „Omertà“
als Kodex verliert in Sizilien zunehmend an Halt. Die
heutige „Omertà“ seitens der
Bevölkerung ist mehr ein „Schweigen" aus Angst, das nicht so leicht auzumerzen ist. |
Pentito |
Wörtlich übersetzt bedeutet
„pentito“ „reuig“. Wobei dieses
Wort in diesem Zusammenhang ein reiner Euphemismus ist. „Pentiti“
sind jene Mafiosi, die mit der Justiz zusammenarbeiten (ähnlich den deutschen „Kronzeugen“),
um Strafmilderung zu erlangen. Einer der bekanntesten
„Pentiti“ war der Mafiaboss Tommaso
Buscetta (ausgespr: Buschetta), der Kronzeuge in den drei Maxi- Prozessen
gegen die Mafia in Italien wurde. Wegen seiner Aussagen
wurden 14 seiner Verwandte, darunter zwei Söhne
und zwei Neffen, ermordet. Buscettas Strafe wurde auf drei
Jahre begrenzt. Er lebte anschließend unter
dem Schutz des US-amerikanischen Zeugenschutzprogramms in den USA. Vor seinem im Jahr 2000 erfolgten (natürlichen) Tod schrieb er ein Buch, dessen Titel nicht gerade Hoffnung macht beim Kampf gegen das organisierte Verbrechen: „Die Mafia hat gewonnen“. |
Picciotti |
Picciotti (Mehrzahl von Picciotto, Sizilianisch Picciottu) sind die Mitglieder des unteren Rangs der Mafia, die als Erfüllungsgehilfen dienen. So nannten sich schon die Mitglieder der sizilianischen Banden, die sich 1806 mit Giuseppe Garibaldi vereinigten, um die Bourbonen zu verjagen. |
Pizzo |
Die Schutzgelderpressung gehört zu den Haupteinnahmequellen der Mafia. Pizzo nennt man in Italien das Schutzgeld, das von der Mafia und weiteren kriminellen Organisationen von Ladenbesitzern und kleinen Geschäftsleuten erpresst wird. Dabei wird dem Opfer "Schutz" angeboten, im Gegenzug muss es eine bestimmte Geldsumme zahlen. Meistens reduziert sich die Schutzgelderpressung auf die Androhung von physischer Gewalt gegen den Betrieb, deren Angestellte, Inhaber oder dessen Familienmitglieder. Zahlt das Opfer den verlangten Betrag, wird es im Idealfall nicht mehr behelligt, weigert es sich, finden in der Regel die Drohungen ihre massive Anwendung. |
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Das Phänomen des „pizzo“ ist in Süditalien sehr verbreitet, man schätzt, dass es etwa 160.000 Unternehmen betrifft, mit einem Umsatz von 10 Milliarden Euro. Allein in Sizilien soll der „pizzo“ etwa 1,3% des regionalen Bruttosozialprodukts betragen. |
Addio Pizzo (Schutzgeld adieu) ist eine neue Organisation, zu der sich Geschäftsleute von Palermo zusammengeschlossen haben, um sich gegen die Schutzgelderpressung zu wehren. Sie hat einen Stadtplan von Palermo veröffentlicht, der Schutzgeld-freies Einkaufen ermöglicht. |
Tourismus und Mafia |
Für die Sizilienbesucher ist die Mafia kaum gefährlich. Es geht ihr um Drogen- und anderen illegalen Geschäften, nicht um den kleinen Diebstahl. Die Mafia hat eher an einem gut laufenden Touristengeschäft Interesse, denn sie profitiert über Schutzgelderpressung der einheimischen Läden indirekt davon. Nichtdestoweniger sollte man in den Städten vorsichtig sein, wenn man in Gegenden kommt, wo gedealt wird. |
Inzwischen sind bekannte Mafia-Orte zur Touristenattraktion avanciert, wie beispielsweise der Ort Corleone, nach dem der "Pate" im berühmten Film von Francis Ford Coppola benannt wurde. In diesem Ort wurden von 1944 bis 1948 150 Menschen ermordet. |
Bürgerrechtsorganisationen haben eine Liste von Restaurants zusammengestellt, die sich der Schutzgeldzahlung verweigert haben. |
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