Landschaften/ Orte

Dolceacqua

 
Das Tal des Flusses Nervia erstreckt sich über 20 km, von der Küstenstadt Ventimiglia (Ligurien, Blumenriviera) hinauf in Richtung Norden. Der mit­tel­alterliche „borgo“ (kleine Ort) Dolceacqua liegt ca. 8 km nördlich von Venti­mi­glia an einer Biegung des Nervia. Oberhalb des Ortes thront majetätisch und streng eine Burgruine.
Hoteltipps Dolceacqua
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Parkplatz und Unterkünfte sind – wegen der engen, steilen Gassen des Ortes – eventuell entfernt voneinander. Ohne Treppensteigen werden Sie wohl kaum auskommen!
Der Ursprung des Namens Dolceacqua lässt sich vermutlich auf die Überreste einer Burg aus römischer Zeit, die einem gewissen Dulcius gehörte, zu­rück­führen. Von Dulciàca und Dulcisaqua wandelte sich der Name ins heutige Dol­ceacqua, der wörtlich übersetzt eigentlich „Süßes Wasser" bedeutet.
Wandmalerei zu Ehren der Familie Doria
Es wird vermutet, dass in vorhistorischen Zeiten in diesem Gebiet keltisch-ligurische Völker siedelten, was zu einer anderen In­terpretation des Namens führte. Demnach hieß der Ort Dulzana, ein Name, der auf den keltischen Dus Aga (Gott der Zauber) zu­rück­ge­führt wird. Für diese Version gibt es al­lerdings keinerlei Belege, denn das früheste Dokument, das Dolceacqua erwähnt, geht auf das 12. Jahrhundert zurück, als die Grafen von Ventimiglia mit der Errich­tung der Burg auf dem Felsvorsprung am Nervia-Fluss begannen.

Im Jahr 1270 kaufte der Genueser Heerführer Oberto Doria die Burg. Er be­sieg­te die Pi­sa­ner in der Schlacht von Meloria (1284) und baute die Burg auf dem befestigten Fel­sen aus, um sie vor fran­zö­si­schen Über­fäl­len zu schüt­zen. Die Familie Doria, ursprünglich d'Oria, war eines der be­deu­tend­sten Adels­ge­schlech­ter in Italien, Herrscher über die Republik Genua. In der Literatur ging die Herrscherfamilie durch den Mord an Gian­net­ti­no Doria ein, der von Frie­drich Schil­ler in seinem Trauerspiel „Die Ver­schwö­rung des Fiesco zu Ge­nua“ verarbeitet wurde.

Die Burgruine
Der Bau wurde im 14. Jahrhundert mit einem größeren Mauerring umgeben und während der Renaissance in eine herrschaftliche, be­fes­tigte Residenz um­gebaut. Die Burg, die zahlreichen Belagerungen standhielt, wurde 1643 von den Grafen von Savoyen erobert, fiel aber bereits neun Jahre später wieder in die Hände der Doria.
Anfang des 18. Jahr­hun­derts wieder unter die Herr­schaft Savoyens gekommen, wurde die Burg während des öster­rei­chischen Erbfolgekrieges am 27. Juli 1746 zerstört. Ein Jahr später zogen die Mark­gra­fen Doria wieder in Dol­ce­acqua ein. Nachdem die Burg aber nicht mehr be­wohnt werden konnte, zogen sie in den neben der Pfarrkirche liegenden Pa­last um, der seinerseits 1887 durch ein Erdbeben zerstört wurde. Die Burg­ruine ging an die Gemeinde Dolceacqua über und wird derzeit restauriert, um für kulturelle Veranstaltungen und Sommerfestspiele genutzt zu werden.
Der Ortsteil „Terra"
Der Ortskern unterhalb der Burg (der Ortsteil Terra) besticht durch den rus­ti­kalen Charme seiner Architektur. Enge, für Autos un­zu­gäng­liche Gassen (die sogenannten „carruggi“) führen den steilen Berghügel hinauf.

Diese laby­rinth­artigen, ma­le­rischen Gassen mit ihren Stützbögen und bedeckten Passagen, Treppen und kleinen Plätzen werden von (zuweilen bis zu vier Etagen hohen) Stein­häu­sern flankiert und verbergen kleine Ecken von unvergleichlichem Zauber.

In den mittelalterlichen Gassen

Diese Bauweise schützte zum einen vor der Sonne, verlieh aber vor allem dem Ort Fes­tungs­ei­gen­schaf­ten, die es leich­ter mach­te, sich gegen Feinde zu verteidigen.

In den mittelalterlichen Gassen
Neben dem Doria-Kastel ist die Nerviabrücke (der Ponte Vecchio di Dolce­acqua) die be­deu­tends­te Sehenswürdigkeit. Es handelt sich um eine im 13. Jahrhunder gebaute Bo­gen­brücke, die den Fluss Nervia in einem ein­zi­gen Bo­gen überspannt. Die Bo­gen­spann­wei­te beträgt 32 m. Der fran­zö­sische Maler Claude Monet wurde 1884 durch die Brücke zu einem Gemälde in­spi­riert. Er nannte sie ein „Juwel der Leichtigkeit“.

Die Brücke verbindet die beiden Ortsteile Terra und Borgo miteinander. Der ältere Stadt­teil Terra war Mitte des 14. Jahrhunderts an die Grenzen seiner Ausbaufähigkeit ge­sto­ßen, da der zur Verfügung stehende Platz auf der linken Seite des Flusses Nervia auf­ge­braucht war. So entstand am rechten Ufer das neue Stadtviertel Borgo.

Der „Ponte Vecchio di Dolceacqua"
Der „Ponte Vecchio", wie ihn Monet sah
Diese Brücke und das pittoreske, von der Burgruine überragte Häusermeer des Terra-Viertels machen aus Dolceacqua einen der malerischsten und schönsten Orte des li­gu­ri­schen Hinterlandes.
San-Bernardo-Kapelle
Am Fuß des Ortsteils Terra liegt die aus dem 14. Jahrhundert stammende Pfarrkirche Sant' Antonio Abate. In der klassizistisch um­ge­stal­te­ten Kirche kann man unter anderem ein wertvolles Polyptychon von Ludovico Brea be­wundern. Der Aufstiegdes steilen Alt­stadt­hü­gels Terra ist schon ein Erlebnis für sich, und man fühlt sich zurück in eine andere Zeit versetzt.
Blick auf Dolceacqua von der San-Bernardo-Kapelle
Wenn man hingegen vom Ortsteil Borgo aus den von Weinreben und jahr­hun­dertealten Olivenbäumen bewachsenen Hügel hinauf zur Kapelle des San Ber­nardo hinauf geht, er­wartet einen ein herrlicher Blick über Dol­ce­acqua. Die Kapelle enthält Fresken aus dem 14. Jahrhundert vom Maler Emanuele Mac­ca­riaus Pigna.
Die Pfarrkirche „Sant' Antonio Abate"

Einer Legende aus dem 14. Jahrhundert nach war Imperiale Doria, Marktgraf von Dol­ce­acqua, ein so machtgieriger Mann, dass er die „Jus Primae Noctis“, das Recht der ersten Nacht, geltend machte, um seine Ansprüche gegenüber jungen Bräuten durchzusetzen. Am Hochzeitsabend zweier junger Leute aus dem Dorf, Lucrezia und Basso, wurde das Mädchen festgenommen und aufs Schloss gebracht, wo der Marktgraf auf sie wartete. Weil es das Mädchen aber ablehnte, sich ihm hinzugeben, wurde es in den Kerker des Schlosses ge­wor­fen, wo es an Durst und Hunger starb.
Basso schwor, seine Verlobte zu rä­chen: Er versteckte sich in einem Heubündel und gelang im Packsattel ei­nes Maultiers in das Schloss. Mit einem Dolch bewaffnet drang er in die Gemächer des Markgrafs ein und befahl ihm, ein Edikt abzufassen, das das „Jus Primae Noctis" abschaffen sollte. In Wahrheit wurde dieses Recht, zu­sam­men mit anderen, meist gewalttätigen Vorrechten durch einen Volksaufstand im Jahr 1364 abgeschafft.
Blick auf den Ort aus der „Bar California"

Dieser Sieg wurde mit einem süßen Gebäck, dessen Form auf das weibliche Geschlecht anspielte, gefeiert, das die jungen Männer von den Mädchen als Zeichen der Sympathie erbitten mussten. Dieses Gebäck wurde „Micheta“ ge­nannt. Seit diesem Tag wird alljährlich am 16. August das Micheta-Fest ge­feiert, mit Gesang, Tanz und dem Rossese-Wein.
Der Ruhm von Dolceacqua rührt auch nicht zuletzt von seinem Wein Rossese di Dol­ce­acqua, einem geschmeidigen, ru­bin­ro­ten Wein mit DOC-Status mit min­destens 12,5% Alkohol. Wenn er über 13% erreicht, erhält er das Prädi­kat Superiore. Er wird aus einer eigenen, einzigartigen Rebsorte mit limitierter Flaschenauflage erzeugt.
Dolceacqua und weitere Orte hier im Hinterland lassen sich wunderbar durch Wanderungen erkunden. Dabei bekommt man nicht nur die kulturellen Höhe­punkte der pittoresken Ortschaften zu sehen, sondern einen tiefen Ein­blick in die wunderschöne und sehr abwechslungsreiche Landschaft. Es kön­nen kurze Tagesstrecken beispielsweise bis nach Apricale ebenso gemacht wer­den wie mehrtägige Wanderungen. Robuste Ausrüstung zum Wandern und Zel­ten kann man im Bundeswehr Shop finden. Ob das Übernachten im Zelt in der Wildnis erlaubt ist, muss in der Region angefragt werden. Pensionen zum Über­nach­ten findet man in den Ortschaften. Es ist anzuraten, sich vor jeder Wan­de­rung über das vorhergesagte Wetter zu informieren, da es sich gerade im Gebirge schnell ändern kann. 
Dolceacqua wurde mit der Bandiera Aran­cio­ne aus­gezeichnet. Die Ban­die­ra Arancione (deutsch: Orange Fahne) ist ein italienisches Quali­täts­sie­gel im Be­reich Tourismus und Umwelt, das der Tou­ring Club Italiano (TCI) an kleine Gemeinden (ma­xi­ma­le Ein­woh­ner­zahl: 15.000) im ita­lie­ni­schen Hinterland vergibt. Die aus­ge­zeich­neten Ortschaften heben sich durch herausragende Stadtbilder und eine ausgezeichnete Tou­ris­mus­in­fra­struktur ab.