Wissenswertes

Calcio fiorentino

Florenz (ital. Firenze) ist eine Stadt in der Tos­ka­na, die für seine Ge­schich­te berühmt ist. Als Zen­trum des mit­tel­al­ter­li­chen europäischen Handels- und Fi­nanz­wesens war Flo­renz ei­ne der reichsten Städte des 15. und 16. Jahrhunderts. Florenz gilt als die Wiege der Renaissance. Aufgrund seiner kul­tu­rellen Bedeutung wird es bereits seit dem 19. Jahr­hun­dert auch als das „ita­lienische Athen" bezeichnet.
Calcio Storico (historischer Fußball) bzw. Calcio Fiorentino (Floren­ti­ner Fußball) ist ein traditionelles Spiel, das nur in Florenz (Toskana) gespielt wird und an eine Mischung aus Fußball, Catchen und Rugby erinnert. Trotz der vielen Be­hauptungen, dass dieser Sport aus dem alten Rom stammt, sind es nur Quellen aus dem späten Mit­tel­alter, die darüber berichten. In allen Werken des italienischen Dichters Dante Alighieri, der für die Vielfalt seines Wissens als eine wahre Enzyklopädie seiner Zeit galt, gibt es nicht die gering­ste Er­wäh­nung davon.
Sicher ist, dass im 15. Jahrhundert Fußball unter jungen Florentiner sehr verbreitet war und überall in der Stadt gespielt wurde. Im Laufe der Zeit, vor allem wegen der öffentlichen Ordnung wurde das Spiel re­gle­men­tiert und man durfte es nur auf einigen Plätzen der Stadt spielen.
Calcio fiorentino (Foto Lorenzo Noccioli / Lizenz)
Das Spiel wurde vom Adel erfunden - als Ersatz für den Krieg. Kaum jemand von den edlen Herren zog damals in den Krieg und konnte dem­nach auch nicht als Held gefeiert werden. Spie­ler wa­ren jun­ge Ade­li­ge (ein­schließ­lich zukünftiger Päpste) ab 18, die in den Kos­tü­men jener Epoche spielten.
Die Spiele fanden in der Regel während des Kar­nevals statt. Das berühm­tes­te Spiel ist ohne Zweifel jenes, das am 17. Fe­bruar 1530 stattfand, während die Stadt von den kaiserlichen Truppen Karls V. belagert wurde. Die Flo­ren­tiner wollten damit ihre Unerschrockenheit demonstrieren und ihre Gleich­gül­tigkeit gegenüber dem Kaiser.

Florentiner Fußball: Die Renaissance der Spiele FLORENZ - eine Gebrauchsanweisung
Florentiner Fußball:
Die Renaissance der Spiele
Florenz: Eine
Gebrauchsanweisung

Die Beliebtheit dieses Spiels war am größten wäh­rend des siebzehnten Jahr­hunderts. Im fol­gen­den Jahr­hun­dert begann einen langsamen Niedergang, der fast zum Verschwinden führte. Das letzte offizielle Spiel, von dem wir Notiz haben, wurde im Januar 1739 auf der Piazza Santa Croce gespielt, in Anwesenheit von Maria Theresia, der zukünftigen Kaiserin von Österreich.

Die Wiederbelebung des Spiels begann im 20. Jahrhundert mit einem Spiel im Mai 1930, am 400. Jahrestag der Belagerung von Florenz, auf Initiative des faschistischen Parteifunktionärs Ales­san­dro Pavolini.
Der brutalste Fußball der Welt
Ein Calcio-Storico-Turnier dauert zwei Wochen. In dieser Zeit sind so gut wie alle Florentiner daran interessiert. Jeder der Teilnehmer ist stadtbekannt. Es handelt sich dabei kaum um Adelige wie in früheren Zeiten, sondern meist Arbeitslose oder Männer mit sehr schlichten Jobs.
Das Endspiel findet jedes Jahr am Johannistag (24. Juni) statt, da Johannes der Täufer der Schutzpatron von Florenz ist. Gespielt wird auf der wun­der­schö­nen Piazza Santa Croce mitten in Florenz, die bei diesem Anlass mit Sand bedeckt wird.
Piazza Santa Croce (Foto von Zolli / Lizenz)
Ein Spiel dauert 50 Minuten. Es gibt keine Pausen, unterbrochen wird le­dig­lich, wenn Sanitäter das Spielfeld betreten müssen. Jeweils 27 Männer spielen gegeneinander. Ziel des Spiels ist es, einen Ball in das Netz der gegnerischen Mannschaft zu befördern, wobei der Ball mit den Füßen oder den Händen auf beliebige Art gespielt werden darf. Trifft der Ball in das Netz, erhält das be­tref­fende Team einen Punkt. Fliegt er darüber, erhält die geg­ne­ri­sche Mann­schaft einen halben Punkt.
Jeder Spieler darf jeden Gegner jederzeit körperlich angreifen. Dabei sind sowohl Schläge als auch Tritte und ringerische Techniken erlaubt. Es ist nur ver­bo­ten, den Kopf zu treten und den Gegner von hin­ten an­zu­grei­fen. Ferner darf immer nur ein Mann gegen einen anderen kämpfen. Diese Regeln ma­chen das Spiel zu einer Mischung aus Ball- und Kampfsport, bei dem es viele Verletzungen gibt.
Calcio storico (/)
Aufgrund der hohen Verletzungsgefahr überwachen mehrere Schiedsrichter das Spiel. Sie beobachten das Spielverhalten und vor allem auch, dass alle Regeln eingehalten werden. Sollte dies nicht der Fall sein, wird dies natürlich auch bestraft.
Es gibt nur vier Mannschaften, die jeweils aus einem historischen Viertel der Stadt kommen:
Santa Croce / Azzurri (die Blauen) ist das Viertel, das öfter gesiegt hat.
Santa Maria Novella / Rossi (die Roten)
Santo Spirito / Bianchi (die Weißen)
San Giovanni / Verdi (die Grünen)

Dem Gewinner des "Calcio storico" steht nicht nur die traditionelle Flagge des Siegers zu, sondern auch ein weißes Kalb der „Chianina„-Rasse, der ältesten Rinderrasse Italiens. Nach dem Spiel wird im Stadt­vier­tel der siegreichen Mannschaft ausgiebig bis tief in die Nacht gefeiert.
Mittlerweile ist das historische Spektakel zu einer wahren Touristenattraktion geworden, die zwar nicht ganz so bekannt ist wie der "Palio" in Siena, aber dennoch von Jahr zu Jahr immer mehr Besucher anzieht.
 
 
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