Wissenswertes

Il mezzogiorno

Der aus mezzo (Mitte) und giorno (Tag) zu­sam­men­ge­setzte Begriff „Mezzogiorno“ ist das ita­lienische Wort für „Mittag“. Mit diesem Begriff wird (nach dem Stand der Son­ne) der Süden im Allgemeinen und Italiens Süden im Speziellen be­zeich­net.
Benutzer Mnemoc,  GNU Free Documentation LicenseDer (ökonomische und soziale) Begriff „Mezzogiorno“ steht für jene Regionen Italiens, die vor der Einigung Italiens im Jahr 1861 zum Königreich beider Si­zi­lien gehörten, und zwar: die Abruzzen, das Molise, Kam­pa­nien, die Basili­ca­ta, Apu­lien, Kalabrien und Sizilien. Auch die früher vom Haus Savoyen be­herr­schte Insel Sardinien wird zum Mezzogiorno gezählt.
Das Wort „Mezzogiorno" wird meistens in einem Zug mit den Worten „Pro­ble­me" und „Rückständigkeit" verwendet, denn das geringe Brutto­so­zial­pro­dukt, die sehr hohe Arbeitslosigkeit, die niedrige Industrieproduktion und eine stets anhaltende Emigration haben eine Kluft zwischen dem reichen Norden und dem Süden Italiens erzeugt, die unüberwindbar scheint.
Bereits die geographischen und klimatischen Voraussetzungen des ita­lie­ni­schen Südens mit seinem gebirgigen Charakter, seiner Gefährdung durch Erdbeben, der weitgehenden Entwaldung und der Malaria, die den land­wirt­schaftlichen Aufbau behinderte, hatten es dem Land seit eh und je nicht ein­fach gemacht. Dazu waren die feudalen Strukturen und die Missstände der Spanischen Ver­waltung hinzugekommen und die nicht sehr erfolgreichen Reformen der Bourbonen.

Nach dem Jahr 1880 verschärfte eine große Agrarkrise die Armut Süditaliens, was zur massenhaften Auswanderung nach Amerika führte. Diese Agrarkrise wurde vom Zusammenbruch des Exports von landwirtschaftlichen Produkten verursacht, der der nationalen Politik zu Gunsten der Industrie anzulasten war. Die protektionistischen Maßnahmen der ersten italienischen Regierungen hatten nämlich dazu geführt, dass das Ausland hohe Zölle auf land­wirt­schaft­liche Produkte einführte, was zum Ruin der süditalienischen Landwirtschaft führte. Wenn man diesen Tatsachen hinzufügt, dass die italienische Regierung auch zahlreiche Fabrikanlagen vom Süden in den Norden verlegen ließ (bei­spiels­wei­se wurden die kampanischen Werften komplett demontiert und in Ligurien wiederaufgebaut), dann kennt man bereits die Hauptursachen dieser „ques­tio­ne meridionale„.
Erst Anfang des 20. Jahrhunderts machte es sich die italienische Regierung zur Aufgabe, mit der Förderung des Südens zu beginnen, wenn auch mit mäßigen Ergebnissen. Seit 1950 wurden mit Hilfe der „Cassa per il Mezzogiorno“ (1950-1992) gezielte entwicklungspolitische Maßnahmen wie Bodenreform und Bewässerungsanlagen, Industrieansiedlung, Verkehrserschließung und Fremdenverkehrsförderung durchgeführt. Leider geschah es allzu oft so, dass zur Verfügung gestellte Gelder in dunklen Kanälen verschwanden und die Sub­ventionen infolgedessen nie dort ankamen, wo sie ankommen sollten. 1992 wurde die Arbeit der Cassa per il Mezzogiorno eingestellt und der ita­lie­nische Staat begann mit einer allgemeinen Förderpolitik struktur­schwa­cher Regionen, dabei nicht ausschließlich im Süden. In Abstimmung mit der euro­pä­ischen Förderpolitik werden heute Maßnahmen zur Unterstützung der lo­ka­len Initiativen als besonders vielversprechend gesehen (patti territoriali).
Seit dem Jahr 1998 ist die „Agenzia per lo sviluppo industriale e dell’occu­pa­zione" (Agen­tur für industrielle Entwicklung und Beschäftigung) für die in den Süden fließenden Gelder und Subventionen verantwortlich. Trotz positiver Entwicklung in vielen Bereichen blieben die ökonomischen Schwächen er­halten.
Laut der Tageszeitung „La Repubblica“ ist der Süden nach wie vor das "Ar­men­haus Ita­liens", während Norditalien als das "Paradies der Reichen" gilt. Zwischen 3 und 7 Prozent liegt die Arbeitslosigkeit im Norden. Im Süden, hingegen, er­reicht sie 21 Prozent, bei den Jugendlichen sogar 44 Prozent. Kein Wunder, dass Mafia, N'drangheta und Camorra so einen Zulauf haben!
 
 
 
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