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Fiasco |
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Chianti (um Gottes
Willen nicht „Tschanti“ aussprechen!) ist
ein Rotwein aus der Toskana, der im wesentlichen aus der Sangiovese-Traube
erzeugt wird. Er war früher das Synonym für italienischen Wein schlechthin, und er wurde traditionell in strohumflochtenen Flaschen (fiaschi) verkauft. |
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„Fiasco" (Mehrzahl: fiaschi): Die Korbflasche, die mit Stroh umflochtene, bauchige Flasche, die früher hauptsächlich für den italienischen Chianti verwendet wurde.“ | ||||||
So einen lapidaren Satz kann man in den verschiedenen Wein-Glossaren lesen. Dabei ist es gerade dieses „früher“, das von Bedeutung ist. Denn für mich ist diese Flasche mehr als nur ein Weinbehälter. Sie ist ein Symbol: für ein Italien, das im Verschwinden ist, für ein Bild Italiens, das an Gina Lollobrigida, Sophia Loren, die Vespa, die gettoni (Einwurfmünzen zum Telefonieren), die Schulkittel der Kinder, das Festival von San Remo , die Fernsehsendung „Lascia o raddoppia“ und Strände ohne Topless-Badende erinnert. Ein Italien, in anderen Worten, das verklärt ist, aber in Wahrheit nur ein Anlass ist für nostalgische Gefühle an eine – ach – ferne Jugend. | ||||||
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Der fiasco entwickelte sich bereits
im Spätmittelalter aus den
Tonfässern der Antike. Die Strohumhüllung diente
dazu, das damals dünne Glas vor Beschädigung
zu schützen.
Giovanni Boccaccio bezieht
sich inseinem Decamerone (1349- 1352) bereits auf den
fiasco als Behälter für Rotwein,
während ein Fresko des Malers Tomaso da Modena
aus dem XIV Jahrhunderts ein „fiasco„-ähnliches
Gefäß zeigt, mit horizontalen Schnürchen ummantelt,
die nur die Öffnung frei lassen.
Sandro Botticelli stellt
zwei große, an einen Baumstamm gelehnte fiaschi
dar, die als Vorrat dienen sollten für die Tischgäste
eines Festessens zu Ehren von Nastagio degli Onesti.
Domenico Ghirlandaio stellt
im Bild „Die Geburt Johannes des Täufers“
einen kleineren fiasco dar. Eine Magd trägt,
am Handgelenk gebunden, zwei kleinere fiaschi
mit aromatisierten Wein.
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Auch im XVI. Jahrhundert fand der zur Bruchsicherung mit Stroh umwickelte fiasco seinen Platz auf den Tafeln von Adeligen und Päpsten, wie es zahlreiche Abbildungen aus der zeitgenössischen Malerei bezeugen. 1574 wurden erstmals Richtlinien für den Inhalt von Flaschen festgelegt. Demnach sollte das Maß des fiasco ein „halbes Viertel“ betragen (etwa 2,28 Liter). Ein Bleisiegel an der Strohumhüllung sollte das tatsächliche Fassungsvermögen des Gefäßes garantieren. | ||||||
Diese Maßnahme war allerdings leicht zu umgehen, in dem man die Flaschen in der versiegelten Umhüllung austauschte. Aus diesem Grund wurde 1618 mit einer weiteren Verfügung bestimmt, dass diese Verplombung direkt am Flaschenhals zu befestigen sei. Es ist auf diese Verfügung zurückzuführen, dass ab dem zweiten Jahrzehnt des XVII. Jahrhunderts die Strohumhüllung nunmehr den Hals der Flasche frei ließ. | ||||||
Ein einem Gesetz von 1909 sah vor, dass die Flaschen mit einem Eichkennzeichen zu versehen seien. In den folgenden Jahren gab es aber große Auseinandersetzungen, um diesen Zwang abzuschaffen. Denn diese Reglementierung hätte die Produktionskosten deutlich erhöht, was zwangsläufig zu einer Reduzierung der Anzahl der Arbeitskräfte bedeutet hätte, also der Glasbläser und Flaschenflechterinnen, immerhin jeweils 1.000 und 30.000. Ein königliches Dekret schaffte 1914 schließlich den Zwang zur Eichkennzeichnung wieder ab. | ||||||
Flaschenflechterinnen (impagliatrici)
bei der Arbeit
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In den 1950er Jahren wurden, sowohl zur Erzeugung als auch zur Einflechtung der fiaschi immer mehr auf Maschinen gesetzt, was zum langsamen Verschwinden einer ganzen Berufssparte führte, jener der Flaschenflechterinnen. | ||||||
Nichtsdestoweniger blieb der fiasco der traditionelle Behälter der Weine aus der Toskana. Als Weinpansch-Skandale den Ruf des Italienischen Weines schädigten, litt auch die traditionelle bauchige Flasche darunter. Dazu kam, dass die Weinproduzenten immer öfter die preisgünstigere und leichter zu transportierende Bordeauxflasche einsetzten. | ||||||
Ein Erlass des Staatspräsident vom 12. Februar 1965 bewirkte eine Umkehr dieses Trends. Danach darf der fiasco ausschließlich für DOC-Weine verwendet werden. |
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