Der Spruch „Natale con i tuoi, Pasqua con chi vuoi“ (Weihnachten bei der Familie, Ostern, mit wem du möchtest) zeigt, dass auch für die Italiener Weihnachten das große Familienfest des Jahres ist. Und nach wie vor, wenn auch der Konsum Einzug gehalten hat und zum Hauptmerkmal des Festes geworden ist, bleibt der Bezug zum Religiösen in Italien immer noch sehr stark.
Die Adventszeit spielt in Italien nur in der Liturgie eine Rolle. Adventskränze, Adventskalender, Kerzen und vorweihnachtlicher Schmuck in den Wohnungen sind den Italienern nahezu unbekannt (mit der Ausnahme von Südtirol). Ganz anders der öffentliche Raum: Bereits Wochen vor dem Fest werden überall in Italien die Straßen mit Lichterketten überspannt und die Geschäfte mit Lichtern geschmückt. Vor den Läden in den Innenstädten werden immer öfter auch kleine Weihnachtsbäume aufgestellt. Auch die aus nördlicheren Ländern eingeführte Sitte, einen großen, festlich geschmückten Weihnachtsbaum auf den größeren öffentlichen Plätzen aufzustellen, hat sich längst durchgesetzt.
Mercatini di Natale
Nach dem touristischen Erfolg der Südtiroler Weihnachtsmärkte beim italienischen Publikum wurden im Laufe der Zeit auch in anderen Teilen des Landes Christkindlmärkte (mercatini di natale) nach Südtiroler Vorbild eröffnet, zuvnächst in Trentino und im Norden. Inzwischen hat die Sitte ganz Italien erobert. Kein geringerer als der Nürnberger Christkindlesmarkt stand beispielsweise Pate für die Ausgabe in Verona und lockt Einheimische und Fremde, die Nürnberger und Veroneser Köstlichkeiten zu probieren.
Mercatini di Natale di Verona
Festbeleuchtung
Bereits Wochen vor dem Fest werden überall in Italien die Straßen mit Lichterketten überspannt und die Geschäfte mit Lichtern geschmückt. Vor den Läden in den Innenstädten werden immer öfter auch kleine Weihnachtsbäume aufgestellt. Auch die aus nördlicheren Ländern eingeführte Sitte, einen großen, festlich geschmückten Weihnachtsbaum auf den größeren öffentlichen Plätzen aufzustellen, hat sich durchgesetzt.
Weihnachtsgeschmückte Via XXV Aprile (Genua)
Il presepe (die Weihnachtskrippe)
Die Einführung der Weihnachtskrippe soll auf den Heiligen Franziskus von Assisi zurückzuführen sein. Als er einmal eine Messe vor einer Krippenszene abhielt, rief diese eine so große Bewunderung hervor, dass die Krippe rasch populär wurde. Beginnend mit dem frühen 14. Jahrhundert wurden Krippen überall in Italien gebräuchlich.
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Schon Wochen vor dem Weihnachtsfest basteln Väter und Kinder intensiv an der Krippe, die dann den Ehrenplatz im Wohnzimmer bekommt. Nach und nach kommen immer mehr Figuren dazu bis schließlich am 24. Dezember um Mitternacht das „Gesù bambino“ (Christuskind) hinzugelegt wird. Beim Aufbau der Krippe wurde früher in vielen Familien ein Aufwand betrieben, der nur mit dem bei uns praktizierten Bau einer Modelleisenbahnlandschaft zu vergleichen ist.
Man baute eine regelrechte Krippenlandschaft auf mit aufwendigen und detailreichen Straßen- und Marktszenen und vielen Figuren, neben Maria, Joseph und dem Christkindl den Heiligen Drei Königen, Ochsen und Eseln, Hirten und Schafe und vielem mehr.
Sammelte man früher Jahr für Jahr kunsthandwerkliche Figuren, so entwickelte sich in den letzten Jahren ein riesiger Kommerz rund um die Weihnachtskrippe. Plastikfiguren werden in jedem Schreibwarengeschäft verkauft, so dass man mühelos seine eigene individuelle Krippe zusammenstellen kann. In früheren Zeiten war die Kommode, das nicht selten mit Marmorplatte versehene Prachtstück des Wohnzimmers, dafür vorgesehen, heutzutage ist es immer öfter der Platz unter dem Weihnachtsbaum, der auch in die italienischen Häuser längst Einzug gehalten hat.
Neapolitanische Weihnachtskrippe
In der Altstadt von Neapel gibt es eine ganze Straße, die Via San Gregorio Armeno, die als die Straße der Krippenbauer bekannt ist. Dort kann man das ganze Jahr über die schönsten Weihnachtsfiguren kaufen.
La novena di Natale
Die Novene ist eine in der katholischen Kirche übliche Frömmigkeitsübung, bei der z.B. zur Vorbereitung eines Hochfestes bestimmte Gebete an neun aufeinanderfolgenden Tagen verrichtet werden, um von Gott besondere Gnadengaben zu erflehen. Die Weihnachtsnovene, deren Gebete insbesondere an das Christkind gerichtet werden, beginnt am 16. Dezember und endet am Heiligen Abend.
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Gli zampognari (Die Dudelsackspieler)
„La zampogna“ (der Dudelsack) war früher in Italien sehr verbreitet. Obwohl das Instrument immer mehr in Vergessenheit gerät, ist es im Süden Italiens immer noch beliebt. Die zampognari treten auch heute noch mit ihren Instrumenten auf den Dorfplätzen auf. In der Weihnachtszeit feiert die zampogna sogar eine kleine Wiederaufstehung. Die zampognari sind meistens zwei bis drei als Hirten verkleidete Männer, die in der Adventzeit in die Städte gehen und auf Dudelsäcken und anderen Instrumenten rührende, uralte Melodie spielen. In früheren Zeiten kamen echte Schäfer in die Städte, um durch ihr Spiel ihr karges Einkommen aufzubessern.
L'albero di Natale (der Christbaum)
War der Christbaum vor dem Zweiten Weltkrieg noch kaum in
Gebrauch, hat er in den darauf folgenden Jahrzehnten auch
in Italien seinen Siegeszug angetreten. Im Gegensatz
zur Tradition im deutschsprachigen Raum bevorzugen die Italiener
künstliche Christbäume, die man jedes Jahr wieder
verwenden und schmücken kann.
Selbst wenn echte Bäume
verwendet werden, sind echte Weihnachtskerzen so gut wie unbekannt. Das Besinnlichen an den ruhig flackenden Kerzen kann italienische Herzen wohl nicht gewinnen.
Weihnachtslieder
Das bekannteste italienische Weihnachtslied ist ohne Zweifel „Tu scendi dalle stelle", das im Dezember 1754 vom neapolitanischen Theologen und späteren Bischof Alfonso Maria de' Liguori in Nola komponiert wurde. Das neapolitanische Original hieß „Quanno nascette Ninno".
Tu scendi dalle stelle,
Du steigst von den Sternen herab,
O Re del Cielo,
o König des Himmels,
e vieni in una grotta,
und kommst in eine Höhle,
al freddo al gelo.
bei Kälte und Eis.
O Bambino mio Divino
O mein göttliches Kindlein,
Io ti vedo qui a tremar,
ich sehe dich hier zittern.
O Dio Beato
O mein heiliger Gott!
Ahi, quanto ti costò
Ach, soviel hat es dich gekostet,
l'avermi amato!
mich zu lieben.
A te, che sei del mondo
Dir, der du
der Welt
il Creatore,
der Schöpfer bist,
mancano panni e fuoco;
fehlt es an Decken und Feuer,
O mio Signore!
o mein Herr.
Caro eletto Pargoletto,
Liebes auserwähltes Kindlein,
Quanto questa povertà
wie sehr macht deine Armut
più mi innamora!
mich dich mehr lieben,
Giacchè ti fece amor
da Liebe dich auch
povero ancora!
noch arm gemacht.
Andrea Bocelli singt„Tu scendi dalle Stelle„
Neben „Tu scendi dalle stelle“ gibt es kaum italienische Weihnachtslieder, die in der musikalischen Tradition der Italiener noch eine Rolle spielen. Das weltberühmte Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht“, das hier „Astro del ciel“ (Stern aus dem Himmel) heißt, hört man ziemlich oft, wenn auch nicht unbedingt „still und leise“, aus den Lautsprechern der Kaufhäuser klingen. Und weil das italienische Temperament sowieso mehr zu Hektik und Lautstärke neigt als zur Besinnlichkeit, hat das US-amerikanische „Jingle bell“ leichtes Spiel gehabt, zum italienischen Weihnachtshit zu werden.
La Vigilia di Natale (der Heilige Abend)
Vigilia bedeutet Vorabend, der Heilige Abend wird
zum Weihnachtsvorabend, das drückt indirekt
seine geringere Bedeutung aus. Unserer Heiliger Abend mit dem
Lichtzauber der Weihnachtskerzen und der feierlichen Bescherung
ist den Italienern kein Begriff. Abends treffen sich die Italiener zum traditionellen cenone (großem Abendessen), das unbedingt „di magro“ (fleischlos) sein
sollte. Erst zu Mitternacht beginnt
das eigentliche, nämlich das religiöse Weihnachtsfest.
Die Mitternachtsmesse ist der Höhepunkt,
an dem Erwachsenen und ältere Kinder viel öfter als bei uns immer noch
teilnehmen. Die vom Papst im Petersdom zelebrierte Mitternachtsmesse
wird von allen Fernseh- und Rundfunkanstalten übertragen.
Il pranzo di Natale (das Weihnachtsessen)
Erst der 25. Dezember ist in Italien der Tag des großen Familientreffens und des Festessens. Ein typisch italienisches Weihnachtsessen (unserer Weihnachtsgans mit Blaukraut und Knödel entsprechend) gibt es nicht. Zu groß sind die regionalen Unterschiede. In Ligurien, beispielsweise, isst man ravioli al sugo als „primo“ und arrosto di maiale als „secondo“. Was sich allerdings italienweit als süßer Abschluss durchgesetzt hat, ist der Panettone , der unausweichlich mit Spumante begossen wird. Beim Panettone scheint Volumen besonders zu zählen: Der kuppelförmige ca. 20 Zentimeter hohe Kuchen wird in Pappschachteln verkauft, die ihn noch größer erscheinen lassen.
Wie bereits erwähnt, gibt es in Italien keine „Bescherung"
am Heiligen Abend. In manchen Regionen Italien findet der
Austausch der Geschenke um Mitternacht statt, meistens
werden sie jedoch am 25., dem Weihnachtstag, verteilt. Dann
finden sie die Kinder neben dem presepe (bzw. wie
bei uns unter dem Weihnachtsbaum).
Babbo Natale
Wer bringt in Italien die Weihnachtsgeschenke? Gesù bambino („das Christkindl“)? Babbo Natale („Vater Weihnachten“), Italiens Version von Santa Claus? Oder gar die Befana? Babbo Natale, die stark am Konsum orientierte Figur aus Amerika, wird in Italien immer populärer und das Verteilen der Geschenke am Weihnachtstag (dem 25.) auch. Diese Tradition verdrängt immer mehr die ursprüngliche Tradition der Befana, der guten Hexe, die am Dreikönigstag den Kindern die Geschenke brachte. Allerdings wird die Befana nach wie vor gefeiert, was die italienischen Kindern in den Genuss eines zweiten Geschenktages bringt.
Die Verkitschung von Weihnachten „american style"
Die Tradition, Kinder am 6. Dezember (Nikolaustag) zu beschenken, ist verschwunden, während es im Friaul und in einigen Gegenden in Norditalien seit den 1930er Jahren eine Tradition des Schenkens am 13. Dezember, dem Tag der Heiligen Lucia, gibt. Gemäß dieser Tradition schreiben die Kinder Briefe an die Heilige, in denen sie ihre Wünsche auflisten und versichern, brav und folgsam gewesen zu sein.
Buon Natale!
Während man sich in Deutschland „Frohe Weihnachten“ wünscht, übermittelt man in Italien die Weihnachtsgrüße mit den Worten: „Buon Natale!“ Wörtlich übersetzt heißt das „Guten Geburtstag“ – wie das? Das bezieht sich auf Jesus Christus, der bekanntlich an Weihnachten geboren wurde. Die Wünsche für ein glückliches neues Jahr äußert man in Italien übrigens mit „Felice Anno Nuovo“, bzw. mit „Tanti auguri di Felice Anno„.
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