Als Turiner Grabtuch wird ein Leinentuch bezeichnet, das heute im Dom von Turin aufbewahrt wird. Es ist ein 4,36 Meter langes und 1,10 Meter breites Leinentuch, das die Vorder- und Rückseite eines etwa 1,80 Meter großen Mannes, der Wundmale trägt, zeigt. Für die katholische Kirche ist das Tuch eine bedeutende Reliquie, da es als Grabtuch Christi gedeutet wird. Seit dem 14. Jahrhundert wird die Reliquie verehrt und sie gelangte 1578 nach Turin, wo sie bis auf den heutigen Tag aufbewahrt wird.
Das in Italien verwendete Wort für das Grabtuch ist „Sindone“ (vom Altgriechisch σινδών – sindón, Leichentuch).
Die Geschichte
Die Geschichte des Turiner Grabtuchs geht bis in die Zeit des frühen Christentums zurück. Der Heilige Petrus soll laut Überlieferung das Tuch mitgenommen haben, dann soll es für hundert Jahre in Qumram in Palästina aufbewahrt worden sein. Ein erstes mögliches Indiz für das Auftauchen des berühmten Tuches gab es im vierten Jahrhundert. Im Jahr 313, bei der Schlacht an der Milvischen Brücke, soll Kaiser Konstantin das gefaltete Grabtuch als "heiliges Zeichen" mitgeführt haben. Im Jahr 393 soll dann ein gewisser Epiphanes in Palästina mit einem Tuch von der Größe eines Grabtuches, das den Bildschatten eines Körpers zeigt, gesehen worden sein. Und so geht es weiter mit den Aufenthaltorten. Von Edessa nach Konstatinopel und Frankreich und schließlich nach Turin.
Die „Quellen" aus denen diese Daten entnommen wurden, gelten aus heutiger Sicht nicht als Nachweis für die Geschichte des Tuches. Es ist zweifelsohne der Glaube allein, der vielen diesen Quellen Glauben schenken lässt.
Die ältesten unumstrittenen schriftlichen Quellen, die die Existenz des Tuches erwähnen, sind aber erst Mitte des 14. Jahrhunderts zu finden. 1357 wurde das Grabtuch zum ersten Mal – durch ein Pilgermedaillon verbürgt – in der Stiftskirche in Lirey bei Troyes der Öffentlichkeit gezeigt.
1532 wurde das Grabtuch bei einer Feuersbrunst schwer beschädigt. Seit 1578 ist es in Turin. Der letzte italienische König, Umberto II., schenkte das Leinentuch 1983 dem Heiligen Stuhl.
Authentizität?
Die Authentizität des Grabtuches wurde sehr früh in Frage gestellt. Der Bischof von Troyes, Pierre d’Arcis, berichtete im Jahr 1389 in einem Brief an den Gegenpapst Clemens VII. von einem Betrug, den er in der Kirche in Lirey entdeckt habe. Er sprach von einem Tuch, auf dem das zweifache Bild eines Mannes dargestellt war, von dem fälschlicherweise behauptet wurde, es sei das tatsächliche Grabtuch Jesu Christi.
Eine 1973 gebildete italienische aus Serologen, Forensikern, Textil- und Kunstexperten bestehende Kommission, entnahm Materialproben und führte mehrere Tests auf Blut durch. Der 1976 vorgelegte Abschlussbericht stellte fest, dass alle Bluttests negativ ausgefallen waren.
Das Turiner Grabtuch: Faszination und Fakten
Das Turiner Grabtuch: Die Wahrheit
Neues Licht auf Jesus
1978 untersuchte ein Team US-amerikanischer Experten das Grabtuch, Mitglieder des Shroud of Turin Research Project, Inc. (STURP).Walter Cox McCrone, ein amerikanischer Chemiker und führender Experte in der Mikroskopie, kam durch seinen Untersuchungen mittels Polarisationsmikroskopie und Sekundärelektronenmikroskopie zum Schluss, dass es sich um eine Fälschung handeln müsse, weil die Körperabbildung durch Ocker-Pigmente, und die Blutabbildungen sowohl durch Ocker- als auch durch Zinnober-Farbpigmente hervorgerufen worden waren. Diese roten Farbpigmente wurden im Mittelalter von Künstlern verwendet.
Die Teammitglieder J. Heller und A. Adler kamen hingegen zu entgegengesetzten Ergebnissen und behaupteten, es handle sich tatsächlich um Blut. Daraufhin trat McCrone aus dem Team aus, welches fast ausschließlich aus religiös motivierten Echtheitsbefürwortern bestand. Sodass sich die weiteren Mitgliedern in ihrem Abschlussbericht J. Heller und A. Adler anschlossen.
Zahlreiche Wissenschaftler, unter denen z.B. der Nobelpreisträger Linus Pauling, unterstützem McCrone, der im Jahr 2000 für seine Arbeiten zum Turiner Grabtuch den National Award in Analytical Chemistry der American Chemical Society erhielt.
Was aber den Theorien der Echtheitsbefürwortern den Garaus machte, war die Radiokarbon-Datierung (C14-Methode), die 1988 durchgeführt wurde und die ergab, dass das Leinen zwischen 1260 und 1380 hergestellt wurde.
Auch gegen diese Datierung gab es Einwände. Gläubige christliche Wissenschaftler wollten auf Biegen und Brechen die Authentizität des Grabtuches bestätigt wissen: Beispielsweise wurde behauptet, dass die Stoffproben des Grabtuches, die mit der C14-Methode datiert wurden, an einer im Mittelalter ausgebesserten Stelle entnommen worden seien. Der abenteuerlichsten Theorie nach soll durch die Auferstehung Christi eine große Zahl von Neutronen erzeugt worden sei, die den C-14-Anteil im Tuch erhöht habe.
Und wie soll sich dann ein normaler Sterblicher ein „objektives" Bild machen können? Klingen die Aussagen auf dem folgenden Video nicht glaubwürdig und wissenschaftlich fundiert?
Klingt das nicht glaubwürdig? Die Abbildung auf dem Grabtuch zeigt tatsächlich einen nach der Art Jesu gekreuzigten Mann mit Spuren von Geißelung, Dornenkrönung, Annagelung und Brustöffnung.
Auffällig ist allerdings, dass die Details von der christlichen Ikonografie abweichen und eher mit den Ergebnissen moderner archäologischer Forschung übereinstimmen: Beispielsweise ergeben die Spuren der Dornenkrone keinen Kranz, sondern eine Haube und die Hände scheinen nicht in der Fläche, sondern an der Wurzel durchbohrt worden sein.
Argumente, die gegen die Authentizität sprechen gibt es genügend:
Der Ermittler Joe Nickell konnte beispielsweise zeigen, dass sich durch Aufspannen eines Leinentuchs auf ein Basrelief und Abreiben desselben mit Eisenoxyd-Pigmenten ein dem des Turiner Leinen sehr ähnliches Abbild erzeugen lässt.
Der Maler Walter Sanford schaffte es mit einer direkten Malmethode.
2009 erstellte der italienische Chemiker Luigi Garlaschelli mit bereits vor 800 Jahren bekannten Materialien und Techniken eine exakte Kopie des Tuches.
Tatsächlich wird, obwohl einige/viele Gläubige das Tuch als Reliquie, also als echtes Leichentuch Christi sehen, von der katholischen Kirche das Tuch nicht als Reliquie eingestuft, sondern als Ikone. Als solche kann das Bild als existenzielle Verbindung zwischen dem Betrachter und Gott dienen.