Menefreghismo |
Der berühmteste Spruch Mussolinis? „Me
ne frego“ (Ich pfeife darauf)!
Im faschistischen Lied gleichen Namens von 1920 kommt der
zum Motto der squadristi (faschistischen Schlägertrupps)
gewordene Satz gleich mehrfach vor: |
Me ne frego
(ein Ausschnitt) |
O fascisti,
avanti, avanti, |
Vorwärts, vorwärts,
ihr Faschisten, |
che già
venne la riscossa, |
zum Gegenangriff sind wir gegangen |
or non
più la turba rossa |
Niemals mehr der rote Schwarm |
questo
suol calpesterà! |
diesen Boden wird betreten! |
Per d'Annunzio
e Mussolini |
Für D'Annunzio und Mussolini |
eia,
eia, eia, alalà! |
eia, eia,
eia, alalà! |
|
|
Me ne
frego |
Ich pfeife darauf, |
me ne
frego |
ich pfeife darauf, |
me ne
frego è il nostro motto, |
ich pfeife darauf ist unser
Motto |
me ne
frego di morire |
ich pfeife darauf, zu sterben |
per la
santa libertà! |
für die heilige Freiheit! |
.
. . |
.
. . |
Weitere bekannte faschistische
Mottos |
Chi si ferma
è perduto. |
Wer stehen bleibt, ist verloren. |
Credere, obbedire,
combattere. |
Glauben, gehorchen, kämpfen. |
Fino alla vittoria.
|
Bis zum Sieg. |
Meglio morire
in piedi che vivere
una vita in ginocchio. |
Besser stehend sterben, als
auf
den Knien leben. |
Meglio vivere
un giorno da leone
che cento anni da pecora. |
Ein Tag als Löwe ist besser
als
ein Leben als Schaf. |
Me ne frego.
|
Ich pfeife dadaur! |
Molti nemici,
molto onore. |
Viele Feinde, viel Ehre. |
|
|
Ohne
Zweifel wurde der Spruch „me ne frego“ („das
ist mir schnuppe“, „das ist mir egal“, „ich
pfeife darauf“, „das interessiert mich nicht“,
...) nicht von den Faschisten erfunden. Er ist tief
in der italienischen Sprache und in der Attitüde der Italiener
verwurzelt.
Zum Spruch gibt es auch eine wunderbare Geste: Sie drückt
Unwillen, Desinteresse oder Ablehnung aus. Dazu bleiben die
Finger (bis auf den Daumen) halb gestreckt und werden mehrmals
vom Kehlkopf zum Kinn hinauf gestrichen Dabei verzieht man die Mundwinkel nach unten, um seine Lustlosigkeit zu demonstrieren.
Eine weitere Bedeutung dieser Geste ist auch: „Ich wasche
meine Hände in Unschuld“. |
Eine bekannte Volksarie in römischem Dialekt lautet: |
Ma che ce frega ma che c'importa
se l'oste ar vino ci ha messo l'acqua
. . . |
(Es ist uns egal, es ist uns völlig wurst,
wenn der Wirt den Wein verwässert hat)
|
|
|
|
|
Italia amore mio
|
Das Dolce-Vita-Prinzip |
Wie man Italiener wird
in 30 Lektionen |
|
|
die bei jeder Gelegenheit von Menschengruppen gesungen (bzw. gegrölt) wird, wenn sie ihre Wurstigkeit zu irgendeinem Thema kollektiv verkunden wollen. In solchen Äußerungen kann sich aber auch die Gelassenheit der Italiener angesichts aufgetretener Schicksalsschläge spiegeln (z.B.: Unsere Mannschaft hat das Fußballspiel verloren? Na und? Wir lassen uns die Lust am Leben trotzdem nicht nehmen!) |
|
Von den „Ismen“, die die italienische Sprache kennzeichnen,
ist der von me ne frego stammende menefreghismo
vielleicht der klassischste. |
Dieses in der italienischen Umgangssprache sehr verbreitete
Wort ist sehr schwer zu übersetzen. Gleichgültigkeit,
Wurstigkeit, Uninteressiertheit, „Sich-für-nichts-verantwortlich-zu-fühlen"
kommen dem sehr nahe, was ungefähr mit menefreghismo
gemeint ist. Das Wort fasst jenes Gefühl und die Mentalität
zusammen, die keine Unterscheidung
von „wichtig" und „unwichtig" zulassen, von „notwendig"
oder „überflüssig“, von „verboten"
oder „erlaubt“. Im menefreghismo
ist auch immer eine Portion Zynismus enthalten. So ist einem
„menefreghista“ nur das wichtig, was seiner
Karriere, Gesundheit, Lust und Laune nützlich ist. Alles
andere non glie ne frega niente (ist ihm völlig
egal). |
Diese innere Haltung des menefreghismo ist es – zusammen
mit der den Italienern fast angeborenen Ungehorsamkeit
gegenüber Autoritäten –, die die meisten Unsitten,
Egoismen und Lähmungen des italienischen Gemeinschaftswesen
(insbesondere der Politik) erklären. |
|