Essen und genießen

Die Italienische Küche

Die Wurzeln der italienischen Küche gehen auf das 4. Jahrhundert v. Chr. zurück. Sie wurde von der etruskischen, der altgriechischen, der altrö­mi­schen, der byzantinischen, der jüdischen sowie der ara­bi­schen Küche be­ein­flusst. Wichtige Neuerungen ergaben sich nach der Kolonisierung Amerikas mit der Einführung von neuen Zutaten wie Kartoffeln, Papri­ka­schoten und vor allem Tomaten.
Italien ist ein großes, von verschiedenen Volks­grup­pen bewohntes Land mit un­ter­schiedlichen kli­ma­tischen und geo­gra­fischen Ge­ge­benheiten. Dies, aber auch die wechselvollen historischen Schicksale habe dafür gesorgt, dass die einzelnen Re­gionen – nicht selten auch ein­zelne Städte und Orte – ganz ver­schie­de­ne ku­li­na­ri­sche Spezialitäten her­vor­ge­bracht haben. Andrerseits ha­ben sich viele Ge­rich­te, die frü­her nur in ihrer Ursprungs­re­gion bekannt wa­ren, inzwischen im ganzen Land verbreitet.
Die wichtigste Eigenschaft der traditionellen ita­lie­nischen Küche ist ihre Ein­fachkeit, mit zahlreichen Gerichten, die nur aus wenigen Bestandteilen be­ste­hen. Die ita­lienischen Köche (und Köchinnen) verlassen sich mehr auf die Qualität der Zu­ta­ten als auf deren Anzahl und eine aufwendige Zu­be­rei­tung. Die Re­zep­te wur­den öfter von Großmüttern und Müttern erschaffen als von Res­tau­rant­chefs und sind deshalb wie geschaffen für die „cucina casalinga“ (Haus­manns­kost). Viele traditio­nelle Ge­rich­te, die mit der Zeit ausgespro­che­ne „Spezialitäten“ ge­wor­den sind, stam­men von der einfachen Küche der Bauern und der weniger begüterten Klassen.
Die italienische Küche ist bis heute eine unver­fälsch­te Küche geblieben, die na­tür­li­che Zutaten ver­wen­det. Gemüse, Käse und Wein spielen in ihr eine au­ßer­or­dent­lich wichtige Rolle, ebenso kalt ge­press­tes Olivenöl.

Pasta e Opera: Klassische italienische Rezepte - große italienische Arien Speisekarte-Glossar
Pasta e Opera: Klassi­sche italie­ni­sche Re­zepte - große italienische Arien Speisekarte-Glossar
Italienisch/ Deutsch

Regionale Vielfalt, hohe Qualität der Produkte und Traditionsbewusstsein sind die Säulen der ita­lie­ni­schen Küche. Die vierte, nicht minder wichtige Säule ist die Einstellung der Italiener zum Essen. Die meisten Italiener haben noch im­mer ein Ver­ständnis von Essen, das in Mitteleuropa weitgehend fehlt. Sie le­gen sehr viel Wert darauf, sie sprechen viel da­rü­ber, betrachten Essen nicht als „Satt­ma­cher“, sondern möchten es genießen. Sie verbringen viel Zeit beim Essen. Nicht ohne Grund stammt die Slow-Food-Bewegung aus Italien.
Die Auffassung, dass die gehobene französische Küche der Neuzeit auf ita­lie­nische Einflüsse zu­rück­zuführen ist, bzw. auf die italienischen Köche von Ka­tharina von Medici (Ca­terina de' Medici) wird heute von einigen Kultur­historikern nicht mehr geteilt. Tatsache ist aber, dass Katharina, die der ein­flussreichen floren­ti­ni­schen Familie der Medici entstammte, anlässlich ihrer Heirat mit Heinrich II, dem späteren König von Frankreich, im Jahr 1547 die gesamte Schule der toskanischen Küche, die zu jener Zeit bereits hoch ent­wickelt war, an den französischen Hof brachte.
Es wird überliefert, dass Katharina als Aussteuer 50 florentinische Köche mit­brachte und Nahrungsmittel und Gerichte wie Artischocken, Aspik, Blätterteig, Brokkoli, Erbsen, kandierte Früchte, Ka­ra­mell­pud­ding, Kopfsalat, Kuchen, Pa­s­ta, Petersilie, Sca­lop­pine, Sorbets, Speiseeis, Spinat, Windbeutel, und Zaba­glione einführte. Caterina führte am fran­zö­si­schen Hof auch die Reihenfolge der Gänge und das heute noch übliche Besteck ein.
Der Tradition nach besteht ein italienisches Essen aus mehreren Gängen. Als Erstes kommt eine Vorspeise („antipasto“, anschließend „il pri­mo“ (der erste Gang, übli­cher­wei­se ein Nudel- oder Reis­gericht) und erst dann „il se­condo“ (der Haupt­gang, der aus Fleisch oder Fisch besteht). Das war frü­her, be­sonders in den Restaurants eine absolut einzuhaltende Reihenfolge. Den Schluss machen Obst oder/und Käse („frutta“ / for­maggio“), eher sel­tener Mehl- oder Süßspeisen. Ob man heutzutage in Italien jede Malzeit mit Antipasto, Primo und Secondo isst? Sicher nicht immer, außer bei besonderen Anlässen. Aber ebenso wenig kommt ur ein Teller Pasta allein auf den Tisch.

Die italienische Küche im Ausland
Die italienische Küche hat in den letzten Jahr­zehn­ten einen stärkeren Einfluss auf die Ent­wick­lung der Essgewohnheiten gehabt als jede andere Kü­che der Welt. Ein neues Interesse für die mediterrane und insbesondere für die ita­lienische Küche ist – insbesondere in Mitteleuropa – erwacht, das auf gesundheitlichen Motiven basiert und die italienische Küche als In­be­griff der fleischarmen, fisch-, obst- und gemüsereichen Ernährung versteht.
Italienische Restaurants sind auch au­ßer­halb Italiens allge­gen­wär­tig. Diese Entwicklung hat aber unter anderem dazu geführt, dass aus Rück­sicht auf den lokalen Geschmack eine all­ge­mei­ne An­passung an die örtlichen Ess­gewohn­heiten stattgefunden hat, die zur Verfälschung der traditionellen ita­lie­ni­schen Küche geführt hat.

Trattoria-Tour: Eine kulinarische Reise durch Italiens Lieblingslokale
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Einer der Gründe für die Verfälschung der Gerichte in den Restaurants ist pa­ra­doxerweise gerade deren Einfach­heit. Nicht selten herrscht bei den Restau­rant­besuchern die Auffassung, dass ein gutes Ge­richt reich an Zutaten sein muss, und der Koch er­liegt daher der Versuchung, weitere Zutaten hin­zu­zu­fü­gen, um das Gericht komplexer und „kundengerechter“ zu gestalten. So wird bei­spiels­wei­se die einfache „Pizza Margherita“, die nur mit Tomaten, Mozza­rel­la und Basilikum belegt werden sollte, seltener bestellt als eine „Pizza mit allem“ oder man bekommt sie „angereichert“ mit Zutaten, die nicht darauf gehören. Ober es wird dezent ein Schälchen mit einer Knob­lauch- oder an­de­ren Tunke auf den Tisch gestellt - zur „Ge­schmacks­ver­bes­se­rung“. Eine Un­sitte, die es in Italien überhaupt nicht gibt.
Gerade Knoblauch wird dargestellt, als sei er eines der typischsten Be­stand­teile der italienischen Küche (Knoblauchbrot, Knoblauchsoßen etc.). In der ita­lienischen Küche spielt Knoblauch aber keine große Rolle, kei­nes­falls aber so sehr, wie es in den ita­lie­ni­schen Restaurants im Ausland der Fall ist.
Auch die ty­pisch italienische Trennung von „primo“ und „secondo“ ist nicht hilfreich in jenen Ländern wie der Bundesrepublik Deutschland, in denen das Komplettgericht tief verwurzelt ist. Das führt dazu, dass die Pasta­ge­richte in den ita­lie­ni­schen Restaurants zum „Supersize„-Gericht werden. Aus einem Pasta-Teller, der traditionell (als erster Gang) etwa 80-90 g beträgt, werden leicht 140-150 g.
Eine weitere Eigenschaft der italienischen Esskultur ist die geringere Be­deu­tung, die Fleisch gegenüber Gemüse beigemessen wird. Beide werden in Ita­lien als gleich­wertig betrachtet. Weil aber in vielen Län­dern Fleisch die Haupt­priori­tät be­kommt und ein Gericht ohne Fleisch als „arm“ angesehn wird, kommt es zur Absurdität, dass in vielen italienischen Restaurants im Ausland auch „il secondo“ zum Al­lein­satt­ma­cher wird. Oder es wird dem Pastagericht auf Teufel komm raus Fleisch beigemischt („Spaghetti with meat balls“).
In einem „italienischen“ Restaurant in Deutschland ist es deshalb nicht selten der Fall, dass die Gerichte zum Mengenproblem werden. Statt einer Reihe kleinerer Gerichte kommen besonders große Portionen auf den Teller. Man muss sich dann nicht wundern, dass – so eine Studie der International Association for the Study of Obesity – in der Bundesrepublik 75,4 Prozent der Männer und 58,9 Prozent der Frauen übergewichtig sind, während in Italien die Zahlen bei 51,4 Prozent (Männer) und 34,5 Prozent (Frauen) liegen. Lassen Sie es sich trotzdem schmecken. Immerhin gibt es Produkte wie beispielsweise Matcha Slim, mit dem das Abnehmen leichter fällt ;-).

Ein Kuriosum bildet Argentinien, ein Land, im dem 36% der Einwohner aus Italien stammen, und in dem Pizza meistens unter einem Meer von unde­fi­nierbarem Käse begraben ist.

„Italienische“ Rezepte im Internet: Davor kann ich nur warnen! Nicht, dass manche von ihnen nicht originell und geschmackvoll sein können, aber mit dem Adjektiv „italienisch“ dürfte man die meisten von ihnen nicht ver­sehen. Sie leiden fast alle an zu viel Fantasie oder an Überfrachtung mit Zutaten, die in ihnen nichts zu suchen haben. So findet man im Netz eine „Pizza Marghe­rita“ mit Til­si­ter oder Gouda und „Spaghetti alla carbonara“ mit Sahne. Das Originalrezept für Spaghetti all'amatriciana“ enthält indessen weder Zwie­bel noch Knoblauch und schon gar kein Basilikum! Im Allgemeinen liegt der Trend darin, dass überall Knoblauch hineingetan wird, und dass Basilikum als superitalienisches Gewürz nir­gend­wo fehlen darf.
 
 
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